Massenkarambolage: Wer zahlt für den entstandenen Schaden?
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Immer wieder ist in den Nachrichten zu hören: "Massenkarambolage auf der Autobahn!" Meist sind plötzlich auftretende Witterungsänderungen, wie heftige Hagel- oder Regenschauer – in den Wintermonaten auch Blitzeis –, die Ursachen für solche Serienunfälle.
Doch nicht jeder Autounfall, in den zahlreiche Fahrzeuge verwickelt sind, wird von den Versicherern als Massenkarambolage gewertet. Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg erklärt: "Das größte Problem bei der Schadensregulierung ist die Suche nach dem Schuldigen."
Was ist eine Massenkarambolage?
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat sich mit seinen Mitgliedsunternehmen geeinigt, bei Massenkarambolagen die Kunden unkompliziert zu entschädigen. Dafür ist der Begriff „Massenkarambolage“ relativ genau definiert worden.
Ein Massen- oder Serienunfall liegt genau dann vor, wenn:
- von der Polizei nicht eindeutig ermittelt werden kann, wer Unfallverursacher ist,
- mindestens 40 Fahrzeuge in den Unfall verwickelt sind und
- es einen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zum Unfallgeschehen gibt.
Gut zu wissen: Unfälle mit weniger als 40 Autos können ebenfalls als Massenkarambolage gewertet werden. Jedoch nur dann, wenn der Unfallhergang schwer nachvollziehbar ist, zum Beispiel aufgrund der vorherrschenden Witterungsverhältnisse. In diesem Fall reichen bereits 20 Fahrzeuge aus, die in den Massenunfall verwickelt sind.
Die Kfz-Versicherer haben den Begriff "Massenkarambolage" ziemlich genau definiert. Erst wenn mindestens 40 Fahrzeuge an einem Unfall beteiligt sind, kommt dieser Begriff und die mit ihm verbundenen Regelungen ins Spiel. So können Unfallbeteiligte auf einen vereinfachte und zügige Schadensregulierung hoffen, weil die Versicherer sich in der Abwicklung auf bestimmte Eckpunkte verständigt haben. "Einzelne Beteiligte müssen sich nicht auf die Suche nach dem Unfallverursacher machen. Sie werden pauschal abgefunden", sagt Rudnik.
Vereinfachtes Regulierungsverfahren
Nach einem Massenunfall entscheidet ein Gremium des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), ob ein vereinfachtes Regulierungsverfahren angewandt wird. Das bedeutet: Anstatt einen konkreten Unfallverursacher zu ermitteln und dessen Kfz-Versicherung den Schaden in Rechnung zu stellen, macht jeder Autofahrer den Schaden bei seiner eigenen Haftpflicht geltend.
Seit 2015 gilt eine 100-Prozent-Regelung, auf die sich die Versicherer damals geeinigt haben. Damit werden alle Schäden am Fahrzeug grundsätzlich zu 100 Prozent von der Kfz-Haftpflicht übernommen, wenn ein Massenunfall vorliegt. Damit bleiben die Unfallbeteiligten nicht auf ihren Kosten sitzen. Die bis dahin geltende Quotenreglung bei der Schadenregulierung ist nicht mehr gültig.
Vorteilhaft für Autofahrer: Der Schadenfreiheitsrabatt der Kfz-Haftpflichtversicherung wird bei dieser Art der Schadenregulierung nicht angetastet.
Pauschallösung ist freiwillig
Gibt es weniger als 40 Unfallbeteiligte oder wollen sich Einzelne nicht an der Pauschalregelung beteiligen, bleibt nur die Suche nach dem Schuldigen – und nach dem Beweis für seine Schuld. Ein zumeist wohl schwieriges Unterfangen und deshalb hält Rudnik "die Pauschallösung für die einfachere und damit akzeptable Variante".
Was sind die Gründe für eine Massenkarambolage?
Meist ereignen sich Massenkarambolagen auf Straßen, auf denen viele Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind, wie zum Beispiel Autobahnen oder Landstraßen. Dabei sind die Hauptursachen eines Massencrashs:
- eine nicht angepasste Geschwindigkeit an die Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse sowie
- ein zu geringer Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug.
Beeinträchtigen Nebel, Starkregen, Schneetreiben oder Sandstürme die Sicht der Autofahrer, birgt das immer die Gefahr, dass Geschwindigkeiten der anderen Verkehrsteilnehmer falsch eingeschätzt werden. In einer Notbremssituation kommt das Fahrzeug nicht rechtzeitig zum Stillstand, ein Crash ist unvermeidbar. Aber auch Aquaplaning, Blitzeis sowie unübersichtliche Straßenstellen können zu Massenkarambolagen beitragen.
Wie kann das Risiko von Auffahrunfällen vermindert werden?
Mit ein paar praktischen Fahrtipps können Sie die eigene Fahrsicherheit erhöhen und gleichzeitig das Unfallrisiko senken.
1. Geschwindigkeit an die Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse anpassen
2. Ausreichend Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten
3. Defensiv und vorausschauend fahren, um auf plötzlich auftretende Gefahren rechtzeitig und angemessen reagieren zu können.
4. Bei einem Unfall oder Stau: Warnblinkanlage sofort einschalten, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen.