Steigen die Stromkosten bis 2020 um 450 Euro?
16.05.2012 | 12:50
Heidelberg - Aktuell gibt es eine Vielzahl von Prognosen, die aufgrund der Energiewende von enormen Preissteigerungen in den kommenden Jahren ausgehen. Das unabhängige Verbraucherportal Verivox erklärt, warum es so schwierig ist, seriöse Zukunftsprognosen für Strompreise zu erstellen.
Das Handeln der politischen Akteure ist nicht abschätzbar
„Die politischen Entscheidungen, auf denen die Entwicklung der Energiekosten in Deutschland beruht, sind zum größten Teil noch nicht getroffen. Volkswirtschaftliche Marktmodelle greifen daher bei Strompreisprognosen zu kurz“, sagt Peter Reese, Leiter Energiewirtschaft bei Verivox. „Steuern und Abgaben machen fast die Hälfte des aktuellen Strompreises aus. Da sich die Energiepolitik der letzten Jahre nicht durch Eindeutigkeit ausgezeichnet hat, kann auch die zukünftige Entwicklung kaum abgeschätzt werden.“
Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung der EEG-Umlage im Jahr 2011. Während viele Experten von deutlichen Steigerungen ausgegangen waren, erhöhte sich der Beitrag der Verbraucher zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in diesem Jahr nur minimal um 0,06 Cent pro Kilowattstunde. Als Grund dafür wird der politische Wille vermutet, die Verbraucher im Jahr des Atommoratoriums nicht zu stark zu belasten. Ähnliche Manöver sind auch in Zukunft nicht unwahrscheinlich.
„Es ist durchaus möglich, dass wir in den kommenden Jahren im Bereich Energiekosten eine Reihe von Wahlgeschenken sehen werden“, so Reese. „So ist beispielsweise die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Strom überfällig. Es ist absurd, dass Hotelübernachtungen und Schnittblumen als lebensnotwendige Güter gelten, auf die nur 7 Prozent Mehrwertsteuer bezahlt werden muss, während Elektrizität mit 19 Prozent besteuert wird. Eine Absenkung würde die Verbraucher um rund 5 Milliarden Euro pro Jahr entlasten.“
Großhandelspreise haben geringen Anteil am Verbraucherpreis
Die Großhandelspreise für Strom machen weniger als ein Drittel des Endverbraucherpreises aus. Sie bilden sich in Deutschland im Wesentlichen an der Strombörse EEX in Leipzig. Dort werden kurzfristige Stromlieferungen gehandelt und langfristige Termingeschäfte abgeschlossen.
Die Preisentwicklung an der Börse hat jedoch nur bedingten Einfluss auf die Strompreise für private Verbraucher. Dies wurde beispielsweise im März 2011 deutlich. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima schossen die Börsenpreise in die Höhe, die Strompreise für private Verbraucher verteuerten sich im Laufe des Jahres jedoch geringer als im Vorjahr. Zusätzlich wurde in der Vergangenheit beobachtet, dass auch Preissenkungen im Großhandelsbereich kaum Auswirkungen auf die Endverbraucherpreise haben.
Strompreisprognose für private Haushalte
Um die Entwicklung der Strompreise abschätzen zu können, erscheint daher ein Blick in die Vergangenheit sinnvoller. Im Januar 2004 lag der Verivox-Verbraucherpreisindex Strom bei einem Kilowattstundenpreis von 17,7 Cent. Im April 2012 lag dieser Wert bei 24,8 Cent pro Kilowattstunde, was einer Steigerung von rund 39 Prozent entspricht.
Im Durchschnitt lag die jährliche Erhöhungsquote bei 4 Prozent. Wird diese jährliche Steigerung fortgeschrieben, liegt der Kilowattstundenpreis im Jahr 2020 bei 33,95 Cent, was einer Steigerung von 37 Prozent entspricht. Ein Musterhaushalt mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch muss derzeit mit jährlichen Kosten von 992 Euro rechnen, im Jahr 2020 kämen 446 Euro hinzu (Gesamtkosten 1.358 Euro).