Handy im Ausland: Was sich jetzt ändert
07.06.2017 | 14:25
Heidelberg. „Roam-Like-At-Home”: Am 15. Juni greift die bislang letzte Stufe einer EU-Regulierung. Dann können Verbraucher ihren Handytarif auf Reisen mitnehmen und genauso nutzen wie zu Hause, ohne Extragebühren wie bisher. Die Tarifexperten von Verivox erklären, was Verbraucher zu den Änderungen wissen sollten.
1. Wo gilt das kostenlose Roaming?
Handynutzung wie zu Hause ist in der gesamten EU sowie in Liechtenstein, Norwegen und Island möglich – bis zum endgültigen Austritt aus der EU auch in Großbritannien.
2. Ist das EU-Roaming wirklich nicht mehr teurer als die Inlandsnutzung?
Ja. Ob Surfen, Telefonieren oder SMSen – es entstehen keine zusätzlichen Kosten. Der Verbrauch wird nach dem Tarif berechnet, der zu Hause in Deutschland greift. Kurz: Es gilt die Nutzung zu Inlandspreisen.
3. Woher weiß ich, ob die Regulierung bei mir greift?
Verbraucher müssen nicht selbst aktiv werden. Wer einen Handytarif ohne spezielle Auslandsoption nutzt, wird automatisch auf „Roaming zu Inlandspreisen“ umgestellt. Die Umstellung kostet nichts extra. Die sonstigen Tarifbestandteile bleiben erhalten.
Die EU hat die Anbieter dazu verpflichtet, ihre Kunden aktiv über die neue Regelung sowie deren Auswirkung auf den bisher genutzten Tarif zu informieren.
4. Lohnt sich die Regulierung für jeden?
Das kommt darauf an, sagt Christian Schiele, Chief Product Officer Telecommunications bei Verivox: „Wer in seinem bisherigen Tarif Sonderkonditionen auch für bestimmte Nicht-EU-Länder hatte, sollte abwägen, ob der bisherige Tarif noch günstiger ist als ein normaler Tarif mit regulierten Konditionen – beides zusammen geht nicht.“ Grundsätzlich können Verbraucher also ihren alten Roamingtarif behalten. Dies muss bei der Abfrage durch den Anbieter so angegeben werden – andernfalls erfolgt die automatische Umstellung. Die Anbieter dürfen also auch weiterhin spezielle Angebote für die Auslandsnutzung machen. Hier gibt es ganz unterschiedliche Angebote. Für die meisten Urlauber dürfte der EU-Tarif aber die günstigste Möglichkeit sein.
5. Kann es später noch Änderungen geben?
Falls die Mobilfunkanbieter in Zukunft nachweisen, dass sie ihre Kosten nicht decken können, wären Roaming-Aufschläge wieder möglich – für einen begrenzten Zeitraum. Denkbar sind Änderungen der Fair Use Policy, wenn Missbrauch zum großen Problem werden sollte. Denn die Anbieter müssen für die Nutzung der ausländischen Netze weiterhin bezahlen.
6. Kann ich jeden Inlandstarif im Ausland nutzen?
Nein. Es gibt Tarife, die sich überhaupt nicht im Ausland nutzen lassen, auch außerhalb der EU nicht (etwa von Callmobile oder DeutschlandSIM). Das geht auch nachträglich nicht. Wer einen solchen Tarif nutzt und irgendwann doch im Ausland telefonieren möchte, kann sich vor Ort eine Prepaidkarte kaufen.
7. Welche Ausnahmen gibt es bei der Auslandsnutzung?
Eine „Fair-Use-Grenze“ soll Missbrauch ausschließen: zum Beispiel den Kauf einer günstigeren Karte im Ausland, die permanent im Inland genutzt wird („Dauer-Roaming“) – oder den Verbrauch ungewöhnlich großer Datenmengen.
Die Anbieter können die Auslandsnutzung von besonders großen oder sehr günstigen Datenpaketen einschränken. Hierzu gibt es keine eindeutigen Vorgaben. Wenn ein Kunde sein Handy mehr im Ausland als zu Hause nutzt, kann der Anbieter nachfragen und gegebenenfalls einen Aufschlag verlangen: Dafür sind rund 9 Euro pro Gigabyte erlaubt.
Falls Kunden von ihrem Anbieter vor Reiseantritt nicht zu der neuen Verordnung kontaktiert wurden, empfiehlt Christian Schiele aktiv nachzufragen – und auf die SMS zu achten, die vom Anbieter nach Grenzübertritt verschickt wird. Darin steht, zu welchen Preisen der Kunde telefoniert und surft.
8. Was gilt außerhalb der EU?
Außerhalb der EU gilt die neue Verordnung nicht – zum Beispiel in der Schweiz, in der Türkei oder bei Fernreisen etwa in Thailand. Das kann sehr teuer werden, insbesondere beim mobilen Internet. Bis zu 20 Euro für 1 Megabyte Daten (zum Beispiel der Versand eines größeren Fotos) können fällig werden. Mit einem passenden Datenpaket sind es im besten Fall nur 6 Cent – eine Ersparnis von über 99 Prozent.
Für mobiles Surfen im Nicht-EU-Ausland gilt ein Kostendeckel von knapp 60 Euro. Wenn diese Grenze erreicht ist, muss der Kunde ausdrücklich zustimmen, ob er weitersurfen möchte.
Auch für Reisen auf Kreuzfahrtschiffen mit dort eigens eingerichteten Netzen greift keine Regulierung. Für die Dauer der Schiffsreise sollte die manuelle Netzwahl am Handy eingeschaltet werden, empfiehlt Christian Schiele. Gleiches gilt für Reisen in Grenznähe, etwa zur Schweiz hin.