Wasserkraftwerke mit Problemen - Trockenheit schmälert Ausbeute
Stand: 06.09.2004
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Neustadt-Glewe (dpa/mv) - Für Ruth Woellm aus Neustadt-Glewe (Landkreis Ludwigslust) ist es "das letzte Abenteuer in Deutschland": Die 50-Jährige besitzt mitten im platten Mecklenburg zwei der nördlichsten Wasserkraftwerke der Bundesrepublik. Doch Wassermangel und schwankende Pegelstände machen der Energiewirtin das Leben schwer. Daher freut sie sich über jeden Tropfen Regen: Anfang September konnte sie wenigstens eins ihrer beiden E-Werke wieder in Betrieb nehmen.
Zuerst kämen die Sportbootfahrer, dann die Landwirtschaft und Fischzucht, für sie alle müsse der Pegelstand hoch gehalten werden. Wenn dann noch Wasser übrig bleibe, dürfe ihr Kraftwerk arbeiten, erklärt sie. "Wir surfen im Windschatten der anderen." Bei Niedrigwasser im Sommer stünden die Laufräder meist still, dieses Jahr von Ende April bis Ende August. Dabei haben die Neustädter seit 1998, da sie die Kraftwerke von der Westmecklenburgischen Energieversorgung AG (Wemag) gekauft hatten, viel Schweiss und Geld in die alte Technik investiert. An der Lewitzschleuse, seit 1956 am Netz, restaurierten und modernisierten sie die Turbine, erneuerten die Elektrik und installierten digitale Stromzähler.
Nach langer "Trockenzeit" lag der Pegelstand oberhalb der Lewitzschleuse - dem moderneren der beiden Wasserkraftwerke Neustadt- Glewes - jetzt endlich permanent wieder über einem Meter. "Der viele Regen der letzten Wochen ist für uns Kraftwerker ein wahrer Segen", freut sich Ruth Woellm beim Anwerfen der Maschinen. 2003 sei ihr E- Werk Lewitzschleuse, das nur knapp vier Meter Gefälle aufweist, lediglich sieben Monate und dabei oft noch mit gedrosselter Leistung gefahren. Stromausbeute: 400.000 Kilowattstunden.
Bei einem Einspeisepreis von 7,67 Cent je Kilowattstunde reiche der Umsatz gerade zum Leben, nicht aber für grössere Reparaturen, sagt sie. An die geplante Generalüberholung ihres zweiten Kraftwerks im Zentrum von Neustadt-Glewe sei gleich gar nicht zu denken. Das heutige Denkmal war 1922 am Standort einer abgebrannten Wassermühle errichtet, später durch Dieselaggregate ergänzt und nach der Wende wieder Wasserkraftwerk geworden, weiss Martin Woellm. Die alten Turbinen liefen bis zu einem Getriebeschaden vor zwei Jahren, seither harren sie ihrer Wiederbelebung.
Anderen historischen Anlagen im wasserreichen, aber flachen Mecklenburg-Vorpommern gehe es ähnlich, wissen die Neustädter. Das 1997 von der Wemag an eine Grabower Familie verkaufte Kraftwerk Hechtsforthschleuse an der Elde steht ebenfalls wegen Maschinenschadens still. Zülow bei Sternberg am Flüsschen Mildenitz, das grösste Wasserkraftwerk im Nordosten, wechselte gerade den Besitzer. Von den 24 historischen Anlagen im Land öffnet nur die sanierte Schildmühle in Bennin bei Hagenow zum "Tag des offenen Denkmals" am 12. September. Motto des Tages: "Wie läuft’s? - Schwerpunktthema Wasser".
Stichwort: Wasserkraftwerke
Angaben des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke zufolge werden - je nach Wasserjahr - in Deutschland bis zu 25 Milliarden Kilowattstunden (kWh) aus Wasserkraft ins Netz eingespeist. Weitere 3 bis 4 Milliarden kWh werden mechanisch und elektrisch vom Erzeuger direkt verbraucht, so dass insgesamt mehr als 28 Milliarden Kilogramm des Treibhausgases Kohlendioxid sowie viele Schadstoffe durch die Wasserkraft erspart werden. Der Anteil der Wasserkraft könnte noch um die Hälfte der momentanen Erzeugung gesteigert werden, was der Leistungsfähigkeit von zwei Atomkraftwerken entspräche, meint der Verband.
Bundesweit hat die Wasserkraft mit rund 70 Prozent den Löwenanteil an den erneuerbaren Energien. In Mecklenburg-Vorpommern liegt dieser Ante