Energieriesen haben Energiewende verschlafen
Stand: 10.03.2016
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Essen - Morgen jährt sich die Katastrophe von Fukushima zum fünften Mal. Die Energiekonzerne Eon und RWE hat die daraus folgende Energiewende hart getroffen. Ihre in dieser Woche veröffentlichen Jahreszahlen zeigen deutlich: Konventionell erzeugter Strom wird immer unrentabler. Die stärker sprudelnden Gewinne aus Wind- und Sonnenenergie sowie Netzen und intelligenten Steuerungsanlagen können das noch längst nicht auffangen. Und die Finanzierung des Atom-Rückbaus schwebt wie ein Damoklesschwert über den Energieriesen, auch wenn sie betonen, dass die Milliarden-Rückstellungen ausreichen.
Schon dreimal verbuchte etwa Eon seit Fukushima milliardenschwere Jahresverluste - vor allem wegen der Gas- und Kohlekraftwerke. Am Mittwoch musste Eon-Chef Johannes Teyssen sogar ein Rekordminus verkünden. Die Dividende sackte seit 2010/2011 um zwei Drittel ab und weitere Kürzungen stehen bevor.
Auch bei RWE gab es schon zweimal Jahresverluste. Zudem will der Konzern seine Dividende trotz wütender Aktionärsproteste inzwischen fast komplett streichen. Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht.
Geld verdienen war einmal so leicht
Die Geschäftsmodelle der alten Energieriesen sind erodiert. Jahrzehntelang lebten sie bestens davon, das gesamte Stromgeschäft von der Erzeugung, über die Verteilnetze und den Handel bis zum Vertrieb zu kontrollieren. Das warf Milliardengewinne ab und insbesondere die Großkraftwerke waren wahre Gelddruckmaschinen. Doch nun sind sie zu Sorgenkindern geworden. Der vorrangig in die Netze eingespeiste Ökostrom verdrängt zunehmend den klassisch erzeugten Strom. Sein Anteil liegt bereits bei einem Drittel.
Großhandelspreise auf Talfahrt und Hilferufe
Das ließ die Preise einbrechen. An der Leipziger Strombörse EEX kostete zu Jahresbeginn eine Megawattstunde Strom nur noch rund 20 Euro, vor fünf Jahren waren es noch weit über 50 Euro. Viele Kraftwerke schreiben deshalb rote Zahlen und die Konzerne drohen mit massenhafter Abschaltung.
Es ist ein Hilferuf an die Politik. Denn noch für viele Jahre werden die konventionellen Kraftwerke gebraucht, um das schwankende Ökostromangebot auszugleichen und Stromausfälle zu verhindern. Für dieses Bereithalten von Kraftwerken drängen die Konzerne immer stärker auf eine Entlohnung: "Die Energiewende ist eine große Chance, aber wenn sie ein Erfolg werden soll, ist Versorgungssicherheit das A und O", sagt etwa Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer beim Branchenverband BDEW.
"Hartz-IV für Kraftwerke: Nicht arbeiten, aber Geld verdienen", lautet dagegen der vielzitierte Ausspruch von Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD).
Wie geht es weiter?
Die Konzerne sind zur Wende verdammt. RWE und Eon spalten sich auf und konzentrieren sich mit dem Großteil ihrer Kraft auf die neue Energie. Die Börsengänge von Uniper (Eon) und der RWE-Zukunftsgesellschaft sollen dabei auch neues Geld und Investitionskraft bringen. Vattenfall hat sein komplettes deutsches Braunkohlegeschäft zum Verkauf gestellt und EnBW treibt den Ausbau der erneuerbaren Energien voran - ein schmerzhafter Umbauprozess.
Bei den Verbrauchern kommt von alledem vorerst nichts an. Sie leiden unter steigenden Ökostromumlagen und Netzentgelten wegen des nötigen Stromnetzausbaus. Auf der Stromrechnung stehen inzwischen fast 30 Cent pro Kilowattstunde für den Privathaushalt, 2011 waren es noch um die 25 Cent - ohne dass der CO2-Ausstoß in Deutschland spürbar sank.
Andererseits sind inzwischen knapp 400 000 Arbeitsplätze bei den Erneuerbaren Energien entstanden. Die Exportquote bei Windkraftanlagen beträgt über 70 Prozent. "Der weltweite Siegeszug der Erneuerbaren Energien hat gerade erst angefangen, die deutsche Industrie ist hervorragend dafür aufgestellt - auch, weil wir so früh in diesen Technologiezweig eingestiegen sind", sagt die Grünen-Energiepolitikerin Bärbel Höhn.