Versicherung widerrufen: Das sind Ihre Rechte
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Es ist normal, dass Verbraucher manchmal eine abgeschlossene Versicherung widerrufen möchten. Versicherungen sind Produkte wie alle anderen Dinge auch. Wer kennt es nicht, dass das neu erworbene Kleidungsstück zu Hause doch nicht mehr so toll aussieht. Was passiert? Der Käufer gibt es zurück. Das selbe Recht steht ihm auch bei einem Kredit oder einer Versicherung zu.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Widerrufsfrist beträgt bei Lebens- und Rentenversicherungen 30 Tage, ansonsten 14 Tage.
- Der Gesetzgeber sieht die Aushändigung umfangreicher Unterlagen an den Kunden als Auslöser für den Beginn der Widerrufsfrist vor.
- Im Gegensatz zum Vertragsrücktritt kann der Widerruf ohne Angabe von Gründen erfolgen, muss aber schriftlich formuliert sein.
Welche Fristen gelten beim Widerruf einer Versicherung?
Der Gesetzgeber sieht bei Versicherungen unterschiedliche Widerrufsfristen vor. Bei Lebens- und Rentenversicherungen beträgt die Frist 30 Tage. Bei allen anderen Policen ist sie auf 14 Tage festgelegt. Allerdings kann der Versicherer nicht einfach hingehen und sagen „Jetzt läuft die Widerrufsfrist“.
Damit die Frist tatsächlich beginnt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. In den Jahren 2015 bis 2020 spielte die Widerrufsfrist bei vielen Verträgen vor Gericht eine Rolle. Immer wieder erkannten die Richter darauf, dass den Versicherungsnehmern wesentliche Informationen vorenthalten wurden, ohne deren Kenntnis der Vertrag ungültig war. In sehr vielen Fällen bezog sich dies auf das Widerrufsrecht und die Widerrufsfrist.
Folgende Sachverhalte müssen erfüllt sein, damit sich der Versicherer auf einen ordnungsgemäßen Beginn der Widerrufsfrist berufen kann:
- Der Versicherer übergibt dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin den Versicherungsschein, die Vertragsbestimmungen, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, das Produktinformationsblatt und die Widerrufsbelehrung.
- Die verständliche Belehrung zum Widerrufsrecht muss auch über die Folgen des Widerrufs aufklären.
- In den vorgelegten Unterlagen sind Name und vollständige Anschrift der Vertragspartner genannt.
- Es ist in den Dokumentenexplizit erwähnt, ab wann die Widerrufsfrist läuft.
Wurde einer dieser Punkte nicht erfüllt, kam es zu keinem finalen Vertragsabschluss, die Widerrufsfrist hat nie begonnen, der Vertrag kann jederzeit aufgehoben werden.
Im Fall eines Onlinevertrages erhält der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin alle oben genannten Unterlagen in Form einer E-Mail. Sind die Unterlagen vollständig, gilt als Beginndatum für die Widerspruchsfrist das Datum des E-Mail-Eingangs.
Verträge richtig widerrufen
Das Versicherungsvertragsgesetz als Rechtsgrundlage für Versicherungspolicen sieht für den Widerruf die Schriftform vor. Allerdings ist dabei nicht zwingend von einem Brief oder Einschreiben auszugehen. Ein Fax oder eine E-Mail genügt ebenfalls dem Rechtsanspruch.
Eine Angabe für den Grund des Widerrufs ist nicht notwendig. Da die Frist für den Widerruf relativ kurz ist, empfiehlt es sich, die Unterlagen sofort nach Erhalt auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Wer sich noch nach Alternativen umsehen möchte, sollte dies zeitnah tun.
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Widerruf verpasst – was tun?
Angenommen, eine Versicherungsnehmerin findet 15 Tage nach Vertragsabschluss eine bessere Alternative. Ein Widerruf ist nicht mehr möglich. Vielleicht besteht aber die Option auf ein Sonderkündigungsrecht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Prämie erhöht, die Leistung aber nicht adäquat verbessert wird. Dieser Sachverhalt ist gerade bei der Kündigung der Autoversicherung sehr wichtig, wenn die Versicherungsnehmerin vergaß, die Police im November fristgerecht zu kündigen.
Das Sonderkündigungsrecht besteht bei einer Sachversicherung auch im Schadensfall. Beiden Seiten, Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer, steht nach einem Schadensfall eine Frist von vier Wochen zu, um vom außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Für den Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass er den Vertrag beispielsweise auflösen kann, wenn er mit der Regulierung nicht zufrieden war. Für den Versicherer besteht auf jeden Fall die Pflicht, den Schaden entsprechend seiner Angaben auszuregulieren. Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer, der einen Vertrag widerruft, keine Nachteile zu befürchten.
Unterschied zwischen Widerruf und Rücktritt
Für den Laien mag es zwischen Widerruf und Rücktritt keinen großen Unterschied geben. Der Kunde hat es sich halt anders überlegt. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Der Widerruf ist ein absolutes Recht eines Verbrauchers, innerhalb einer bestimmten Frist eine Kaufentscheidung ohne Angabe von Gründen zu revidieren. Die rechtliche Grundlage findet sich in Paragraf 355 BGB.
Anders verhält es sich mit dem Rücktritt vom Vertrag gemäß den Paragrafen 323 und 326 BGB. Zunächst einmal muss nicht nur der Rücktritt schriftlich begründet sein, sondern auch die Begründung dafür. Der Vertragsrücktritt kann auch nach der gesetzlich festgelegten Widerrufsfrist erfolgen. Ein Rücktritt setzt immer eine Ursache voraus. Ein Kfz-Händler hat beispielsweise ein Auto geliefert, das, obwohl fabrikneu, fahruntauglich ist. Alle gesetzlich vorgeschriebenen Heilungsversuche an der Sache sind gescheitert. Der Käufer kann in diesem Fall unter Verweis auf die vergeblichen Reparaturversuche vom Vertrag zurücktreten.