Krankenversicherung für Geflüchtete
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Haben Flüchtlinge eine Krankenversicherung, wenn sie nach Deutschland kommen? Die Antwort hängt davon ab, welchen Status sie haben und wie lange sie schon im Land sind.
Das Wichtigste in Kürze
- Geflüchtete haben zunächst keine Krankenversicherung, sondern erhalten eine staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung.
- Eine Ausnahmeregelung gilt für Geflüchtete aus der Ukraine, die ab dem 1. Juni 2022 den Empfängern von Bürgergeld gleichgestellt und damit gesetzlich krankenversichert sind.
- Im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung sind die staatlichen Gesundheitsleistungen für Geflüchtete eingeschränkt.
Gibt es eine Krankenversicherung für Flüchtlinge?
Wenn Geflüchtete in Deutschland ankommen, haben sie keine Krankenversicherung. Das widerspricht zunächst dem Grundsatz, nach dem jeder Einwohner in Deutschland verpflichtet ist, sich entweder bei einer privaten Krankenversicherung oder bei der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Doch weil Geflüchtete zumeist nur eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis in Deutschland haben, können sie nach ihrer Ankunft keine Krankenversicherung abschließen.
Um zu vermeiden, das Geflüchtete ohne Krankenversicherung die Kosten für medizinisch notwendige Behandlungen aus eigener Tasche bezahlen müssen, gibt es für sie in der ersten Phase nach ihrer Ankunft eine staatlich finanzierte ärztliche Grundversorgung.
Sonderregelung für Geflüchtete aus der Ukraine
Eine Sonderregelung gilt ab dem 1. Juni 2022 für Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. Diese Personen erhalten ab diesem Zeitpunkt die staatliche Grundsicherung und sind somit den Empfängern von Bürgergeld gleichgestellt. Damit treten sie automatisch in die gesetzliche Krankenversicherung ein und erhalten die vollen Leistungen der Krankenkasse anstatt der eingeschränkten Notfallversorgung.
Welche medizinischen Leistungen können Geflüchtete erhalten?
So lange Asylsuchende und Geflüchtete noch nicht krankenversichert sind, erhalten sie kostenlos eine medizinische Grundversorgung. Zu den Leistungen zählen in erster Linie:
- ambulante und stationäre Behandlungen bei akuten Erkrankungen
- zahnärztliche Behandlungen bei Zahnschmerzen und akuten Erkrankungen im Mund
- die Kostenübernahme von ärztlich verordneten Medikamenten
- medizinisch empfohlene Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen
Weitere Leistungen gibt es bei Schwangerschaft und Geburt. Darüber hinaus gelten Kinder, Menschen mit Behinderung und Opfer von Folter und Gewalt als besonders schutzbedürftig und können im Einzelfall zusätzliche medizinische Versorgung erhalten.
Behandlungsschein und Gesundheitskarte
Um in der Arztpraxis oder im Krankenhaus eine Behandlung zu erhalten, benötigen Geflüchtete ohne Krankenversicherung entweder einen Behandlungsschein oder eine elektronische Gesundheitskarte. Ob Flüchtlinge nach ihrer Ankunft gleich eine Gesundheitskarte erhalten oder einen Behandlungsschein benötigen, hängt vom Bundesland ab, in dem sie untergebracht sind.
Behandlungsschein
Der Behandlungsschein berechtigt zum Erhalt einer ambulanten oder stationären Behandlung. Die ausstellende Behörde – meist handelt es sich dabei um das Sozialamt – entscheidet über die Notwendigkeit eines Arztbesuchs, und die Betroffenen müssen in der Praxis bzw. bei der Aufnahme im Krankenhaus den Behandlungsschein vorlegen. Auch die Verordnung von Medikamenten oder die Überweisung vom Arzt ins Krankenhaus erfordert eine Genehmigung der zuständigen Behörde.
Elektronische Gesundheitskarte
Weitaus unkomplizierter ist die Lage im Krankheitsfall, wenn Geflüchtete gleich nach ihrer Ankunft eine elektronische Gesundheitskarte erhalten. Dann entfällt die Genehmigung der ärztlichen Behandlung durch die zuständige staatliche Stelle, und die Betroffenen können direkt den Arzt aufsuchen und dort ihre Gesundheitskarte vorlegen. Der Leistungsumfang ist derselbe wie bei der Vorlage eines Behandlungsscheins.
Für Geflüchtete ohne Krankenversicherung ist die Gesundheitskarte im Krankheitsfall vorteilhaft, weil sie ihre Schmerzen oder Krankheiten sofort und ohne vorherige Genehmigung durch die Behörde behandeln lassen können. Allerdings halten einige Bundesländer am Behandlungsschein fest und geben während der vorläufigen Duldung keine elektronischen Gesundheitskarten an Geflüchtete aus.
Wann können Geflüchtete in die Krankenversicherung eintreten?
Wenn Flüchtlinge oder Einwanderer 18 Monate in Deutschland sind, haben sie den gleichen Anspruch auf medizinische Leistungen wie Empfänger von Sozialhilfe. Damit sind sie Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, deren Beitrag das Sozialamt übernimmt.
Wer schon vor Ablauf dieser Frist eine Arbeitserlaubnis erhält und einen Job findet, ist ab der Aufnahme der beruflichen Tätigkeit im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses sozialversichert und somit Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Arbeitnehmer haben dann die Wahl zwischen den einzelnen Krankenkassen.
Mit dem Eintritt in die gesetzliche Krankenversicherung müssen Flüchtlinge und Einwanderer bis zur Höhe der Belastungsgrenze die regulären Zuzahlungen bei bestimmten Leistungen entrichten. Die Belastungsgrenze beträgt zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken ein Prozent. Beim Bezug von Sozialhilfe gilt der Regelsatz des Haushaltsvorstandes als Bemessungsgrundlage.