Versicherer verabschieden sich von der Lebensversicherung
Stand: 30.07.2015
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Hannover/Karlsruhe - Der Talanx-Konzern hat als erster großer Versicherer angekündigt, sich ganz aus dem Gechäft mit klassischen Lebensversicherungen in Deutschland zurückzuziehen. Der MDax-Konzern mit Marken wie HDI und Neue Leben kündigte am Dienstagabend die Neuorganisation des Deutschlandgeschäfts an und kappte zugleich seine Gewinnprognose. Der Nettogewinn dürfte in diesem Jahr statt über 700 Millionen nur 600 bis 650 Millionen Euro betragen. Ab Ende 2016 will das Unternehmen für alle seine deutschen Marken nur noch neuartige Lebens- und Rentenversicherungen ohne Garantiezins anbieten.
Hintergrund sind vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen, die der Branche das Leben schwer machen. Kunden mit alten Policen-Lebensversicherungen können unterdessen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs bei Rückabwicklung des Vertrages auf eine höhere Rückzahlung hoffen.
Die neuartigen Verträge sollen Talanx Kapital sparen, den Kunden aber höhere Renditechancen bieten. Dazu werden die Überschüsse, die Versicherer jedes Jahr neu festsetzen, jährlich gutgeschrieben. Den Erhalt der Beiträge garantiert der Versicherer aber erst zum Ende der Laufzeit, wie das Unternehmen am Dienstagabend mitteilte. Wer seinen Vertrag vorzeitig kündigt, muss nehmen, was gerade da ist. Der Garantiezins, der vom Bundesfinanzministerium auf Empfehlung von Versicherungsmathematikern und der Finanzaufsicht Bafin festgesetzt wird, entfällt.
Auch andere Versicherer wie der Generali-Konzern mit Marken wie AachenMünchener verabschieden sich daher teilweise von den klassischen Modellen der Lebens- und Rentenversicherung. Marktführer Allianz hält zwar daran fest, hat aber schon länger Produkte ohne Garantiezins im Angebot.
Denn den Unternehmen fällt es immer schwerer die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit zu erwirtschaften. Der Garantiezins liegt für Neuverträge inzwischen zwar nur noch bei 1,25 Prozent. Bei Altverträgen sind es aber noch bis zu 4 Prozent.
Hinzu kommen härtere Kapitalanforderungen ab Anfang 2016. Die Finanzaufsicht Bafin mahnte am Mittwoch, die Unternehmen müssten sich anstrengen, ihre Kapitalbasis zu stärken. Zwar sieht die Behörde die Branche sei für die strengeren Vorschriften nach dem Regelwerk "Solvency II" gerüstet. Ohne Übergangsmaßnahmen hätten bei fast der Hälfte der befragten Unternehmen die Eigenmittel zum Stichtag 31.
Dezember 2014 unter den härteren Anforderungen gelegen. Insgesamt ergäbe sich für diese Unternehmen dann eine Lücke von etwa 12 Milliarden Euro.