Umstellung auf Unisex-Tarife: Privatversicherern läuft Zeit davon
Stand: 08.02.2012
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Koblenz/Berlin - Die EU fordert aus Gründen der Gleichberechtigung die Einführung von geschlechtsneutralen Unisex-Tarifen. Doch viele private Krankenversicherer werden die Verträge ihrer Bestandskunden nach Einschätzung des Branchenverbandes PKV aus zeitlichen Gründen nicht rechtzeitig umstellen können. Darüber hinaus hätten einige Unternehmen auch rechtliche Bedenken.
Auch Debeka-Vorstand Roland Weber befürchtet, dass die Umstellung auf Unisex-Tarife organisatorisch und technisch aufwendig ist. Die Unternehmen müssten dies tun, ohne die genauen Rahmenbedingungen zu kennen. "De facto ist uns die Zeit davongelaufen", sagte Weber und bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der "Financial Times Deutschland" (FTD/Dienstag).
Beklagt würde aber auch, dass die Politik bislang keine klaren Vorgaben gemacht habe. Es gebe immer noch keine Entscheidung der Bundesregierung, wie das Unisex-Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) umgesetzt werden solle. "Immer mehr Unternehmen sagen, sie können es jetzt nicht mehr", sagte Debeka-Chef Weber.
Hintergrund der Unisex-Tarife ist eine EuGH-Entscheidung vom März 2011. Derzufolge dürfen sich Tarife nach dem Stichtag 21. Dezember 2012 nicht mehr nach dem Geschlecht richten. Bislang berechnen die Unternehmen die Beiträge nach Risikofaktoren, die sie bei Männern und Frauen zum Teil unterschiedlich einschätzen. Fraglich ist aber noch, ob nur für Neukunden einheitliche Tarife geschaffen werden müssen oder auch für Bestandskunden. "Eine abschließende Entscheidung bezüglich einer Umsetzung nur für das Neugeschäft oder darüber hinaus auch für den Bestand ist noch nicht getroffen worden", zitierte die "FTD" eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
Problem ist, dass nur schwer vorhersagbar ist, wie viele Frauen von alten in neue Verträge wechseln wollen. Daher müssten die privaten Versicherer die neuen Tarife vorsichtig kalkulieren. Debeka-Vorstand Weber rechnet damit, dass es für Männer deutlich teurer wird und für Frauen lediglich ein bisschen günstiger. Der PKV, der insgesamt 43 Privatversicherer vertritt, kann das derzeit noch nicht bestätigen. Fachleute im Verband würden da noch mit Hochdruck rechnen, hieß es.