Selbstverstümmelung oder nicht: Versicherer in Beweispflicht
Stand: 18.11.2011
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Schleswig - Wenn eine Unfallversicherung die Leistung verweigert, weil sie von einer Selbstverstümmelung ausgeht, muss sie ihre Vermutung auch beweisen können. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschieden.
In dem Fall hatte eine Frau für sich, ihren Sohn und den Lebensgefährten eine Unfallversicherung abgeschlossen. Nur wenige Tage nach Vertragsschluss schnitt sich der Mann beim Brennholz schneiden mit einer Kreissäge den Finger ab. Die Versicherung ging davon aus, dass der Mann sich den Finger absichtlich abgeschnitten hatte, um die Invaliditätssumme von 100.000 Euro zu kassieren, und verweigerte die Zahlung.
Das Oberlandesgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Versicherung zahlen muss. Zwar sprachen in dem Fall einige Indizien dafür, dass der Mann sich absichtlich verletzt hatte - beweisen aber konnte die Versicherung es nicht. Und nach Ansicht der Richter war es durchaus möglich, dass tatsächlich ein Unfall zum Verlust des Daumens führte. Und solange die Versicherung nichts anderes beweisen kann, gilt die gesetzliche Vermutung, dass der Unfall eben keine Selbstverstümmelung war, sondern dass der Mann sich die Verletzung unfreiwillig zugezogen hat.
(Aktenzeichen: OLG Schleswig-Holstein 16 U 134/10)