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Reform der Verkehrssünderdatei vor dem Aus

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

Goslar - Vor wenigen Wochen hat das Bundeskabinett das von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgeschlagene neue Punktesystem für Verkehrssünder abgesegnet. Nun droht der Punktereform vorerst das Aus. Es gilt unter Experten als viel zu kompliziert.

Das alte Punktesystem für Verkehrssünder könnte vorerst bleiben: Zahlreiche Fachleute wiesen bei einer Expertentagung im niedersächsischen Goslar auf Schwächen der von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgelegten Reform hin. Der Tagungspräsident und ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm nannte den derzeit vorliegenden Gesetzentwurf enttäuschend. Auch die Länder mahnen eine Reform der Reform an - ein Beschluss von Bundestag und Bundesrat vor der Wahl im Herbst wird immer unwahrscheinlicher.

In einer Rede vor Teilnehmern einer alljährlichen Expertenkonferenz, dem Verkehrsgerichtstag, zeigte der einstige deutsche Chefankläger Nehm schonungslos die Probleme auf. Das ursprünglich plausible Konzept von Ramsauer sei aus "vordergründig populistischen Motiven" in eine Schieflage geraten. Ramsauer hatte im vergangenen Februar Eckpunkte vorgelegt, die aber nach einer Befragung von Bürgern und Verbänden abgeändert wurden.

Neues Punktesystem gilt als viel zu kompliziert

Behördenvertreter, Anwälte und Mitarbeiter von Automobilclubs beraten deshalb bis Freitag in Goslar über Vorschläge zur Verbesserung des Punktesystems. Zum Abschluss des Verkehrsgerichtstages wollen sie dem Bundesrat und dem Bundesrat einige konkrete Punkte zur Umsetzung mit auf den Weg geben.

Nehm bemängelte, der derzeitige Entwurf stehe dem bisherigen System "an Komplexität und an Ungereimtheit und auch an Intransparenz nur unwesentlich" nach. Viele Fachleute befürchten etwa, Verkehrssünder könnten künftig noch schwerer erkennen, wie viele Punkte sie auf dem Konto haben. Noch ist unklar, ob der Tag der Tat oder der Tag der Rechtskraft als Stichtag für den Eintrag gelten wird.

Unterdessen wehren sich auch die Länder gegen Teile der Reform. Wie aus einer Beschlussempfehlung zweier Ausschüsse des Bundesrates hervorgeht, sehen die Länder bei mehreren Punkten einen grundlegenden Änderungsbedarf. Ramsauers derzeitiger Entwurf werde dem Ziel, ein einfacheres System zu schaffen, nicht gerecht, heißt es in dem Papier.

Länder wollen nur ein oder zwei Punkte verteilen

Zudem fordern die Länder, Verkehrssünder sollten pro Tat entweder ein oder zwei Punkte aufgebrummt bekommen. Ramsauers Entwurf sieht auch drei Punkte für besonders schlimme Vergehen vor. Bei insgesamt acht auf dem Konto soll der Führerschein weg sein. Wer drei Punkte erhalte, habe eine so schwere Sünde am Steuer begangen, dass er in der Regel sowieso seinen Führerschein abgeben müsse, argumentieren die Länder. Bekomme der Sünder ihn wieder, werde der Punktestand auf Null gesetzt. Eine Drei-Punkte-Strafe wäre somit Unsinn. Ob der Bundesrat tatsächlich die Empfehlungen der Ausschüsse teilt, wird sich voraussichtlich in der Plenarsitzung am 1. Februar zeigen.

Der Auto Club Europa (ACE) glaubt nicht mehr an ein schnelles Inkrafttreten der Reform - und bedauert dies auch gar nicht. Sprecher Rainer Hillgärtner wünschte sich, dass statt eines Schnellschusses alle Bedenken nun gründlich auf den Prüfstand kommen. "Die Reform muss im Konsens entschieden werden - und den sehe ich momentan nicht", sagte Hillgärtner der dapd.

Auch der ADAC äußerte Bedenken. Dem größten deutschen Automobilclub gefallen Ramsauers Vorschläge zwar im Großen und Ganzen. Jedoch kritisierte der ADAC, dass im Zuge der Punktereform auch die Bußgelder steigen sollten. Das sei nicht nachvollziehbar. Hillgärtner vom ACE nannte es gar "tölpelhaft", zugleich Punktesystem und die Bußgelder zu ändern.