Nahles will Beiträge zur Rentenversicherung senken
Stand: 07.10.2014
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Berlin - Die Arbeitnehmer können auf sinkende Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung hoffen. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) kündigte am Montag erstmals an, die Regierung werde einen möglichen Spielraum zur Beitragssenkung 2015 nützen. Heute liegt der Satz bei 18,9 Prozent. DGB-Vorstand Buntenbach nannte den Vorschlag "verantwortungslos".
"Die gute wirtschaftliche Lage haben die Beschäftigten und die Unternehmen in Deutschland gemeinsam hart erarbeitet", sagte Nahles der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Bei der Rente habe die Koalition den Spielraum für bessere Leistungen genutzt. Ihr Rentenpaket hatte die abschlagsfreie Rente mit 63 und die Mütterrente umfasst. Die Kasse der gesetzlichen Rentenversicherung sei dennoch gut gefüllt. Nahles: "Wenn sich nun wegen der guten Lage eine Möglichkeit bietet, den Rentenbeitragssatz zum 1. Januar 2015 abzusenken, dann werden wir das tun."
Mehr Geld in der Tasche nütze den Arbeitnehmern, geringe Sozialabgaben entlasteten auch die Arbeitgeber. Klarheit gebe es aber erst, wenn im November eine offizielle Schätzung vorliege. Nahles äußerte sich am Rande eines Berichterstattergesprächs, bei dem Haushaltspolitiker mit der Ministerin die Finanzlage beleuchteten.
Mittelstandsvereinigung weist auf gesetzlichen Mechanismus hin
Die Ministerin erntete gemischte Reaktionen. Der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), wies auf den gesetzlichen Mechanismus zur Beitragssenkung hin. "Eigentlich ist es ein Armutszeugnis, dass wir überhaupt darüber diskutieren", sagte er der dpa. "Das spiegelt auch den Vertrauensverlust in die Politik wieder."
Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), mahnte zur Zurückhaltung. Es sei eine "Sensation", dass die Rentenversicherung so gut dasteht, dass eine Senkung trotz Mehrhausgaben für das Rentenpaket möglich scheint. "Wichtig ist, dass eine mögliche Senkung so erfolgt, dass der Beitragssatz nicht nach kurzer Zeit wieder nach oben schnellt", sagte er der dpa.
Eine zu Jahresbeginn 2014 eigentlich anstehende Beitragssatzsenkung war ausgefallen. Ein Koalitionsbeschluss bewirkte, dass den Beschäftigten und Unternehmen im laufenden Jahr Entlastungen von knapp 6 Milliarden Euro entgehen. Die Rentenerhöhung zum 1. Juli und die ersten Zahlungen der höheren Mütterrente ließen das Polster der Rentenkasse im August erstmals seit Monaten leicht abschmelzen.
Reduzierung um 0,6 Prozentpunkte denkbar
Die Rücklage lag aber immer noch bei 33,7 Milliarden Euro. Das entspricht 1,83 Monatsausgaben der Rentenversicherung. Ab einer Rücklage von 1,5 Monatsausgaben muss der Beitrag laut Gesetz gesenkt werden. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist eine Reduzierung um 0,6 Prozentpunkte denkbar. In der Koalition wird aber eher von einer Verminderung um 0,1 bis 0,3 Punkte ausgegangen. Bei Union und SPD will man damit auch ein Signal an die Wirtschaft setzen, dass man deren Sorgen wegen Konjunkturrisiken ernst nimmt.
Alarmiert zeigte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). "Den Beitragssatz jetzt zu senken wäre völlig verantwortungslos und äußerst kurzsichtig", sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der dpa. "Schon bei stabilem Beitragssatz schrumpft die Rücklage der Rentenkasse innerhalb weniger Jahre auf das gesetzliche Minimum."
DGB-Vorstand will stattdessen Demografiereserve
Eine Senkung würde das beschleunigen. Die Versicherten müssten diese Scheinentlastung morgen doppelt zurückzahlen. "Statt kurzfristig die Reserve der Rentenversicherung zu verpulvern, brauchen wir eine Demografiereserve zur langfristigen Stabilisierung der Rente."
Arbeitgeber und Versicherer begrüßten den die Ankündigung. "Die Rentenbeitragssatzsenkung darf nicht wie zuletzt durch einen gesetzlichen Eingriff verhindert werden", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer der dpa. "Alle Erfahrung zeigt, dass zu hohe Rücklagen in der Rentenkasse dazu verleiten, das Geld der Beitragszahler für andere Zwecke einzusetzen."
Ein Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft sagte, Freiräume durch sinkende Beiträge könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer für eine betriebliche oder private Altersversorgung nutzen.