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Gesundheitsreform - wer soll das bezahlen?

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Ein Jahr nach der Bundestagswahl hat das Kabinett die Gesundheitsreform durchgewunken. Mit ihr kommen unbegrenzte Zusatzbeiträge. Gesundheit wird erneut teurer - für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das Umsatzplus von Ärzten, Pharma und Kliniken soll begrenzt werden. Für Minister Rösler ist die Reform alternativlos, für Kritiker ungerecht. Wer was bezahlen soll:

Gesetzlich Versicherte

Die 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen werden schon ab Beginn 2011 zur Kasse gebeten: mit ihrem Anteil am Beitragsplus von 14,9 auf 15,5 Prozent. Bei den Kassenmitgliedern steigt der Satz von 7,9 auf 8,2 Prozent - rund drei Milliarden Euro im Jahr. 127 Jahre nach Einführung der paritätischen Finanzierung der Beiträge wird das Prinzip der gleichen Anteile von Arbeitnehmer und -geber zudem gekippt. Die Kassenmitglieder müssen alle Mehrkosten für Ärzte, Kliniken und Pharma in der älter werdenden Gesellschaft über Zusatzbeiträge berappen - über von Kasse zu Kasse unterschiedliche Kopfpauschalen. Geringverdiener bekommen einen Ausgleich über die Steuer. Im Schnitt soll der Zusatzbeitrag laut Regierung 2012 rund 5 Euro betragen, 2014 zwischen 10 und 16 Euro.

Experten erwarten bis zu 80 Euro im Jahr 2020. Bereits mit dem Versicherten- Sonderbeitrag von 0,9 Prozent 2005 wurden die Beiträge nicht mehr je zur Hälfte bezahlt - erst der Zusatzbeitrag ist aber nach oben offen.

Arbeitgeber

Mit rund drei Milliarden Euro im Jahr mehr schlägt der Beitragssatzanstieg bei den Arbeitgebern zu Buche. Aber an ihrem Anteil von 7,3 Prozent ändert sich dann nichts mehr. Der Sozialausgleich bringt den Firmen außerdem Mehraufwand, weil sie für jeden Arbeitnehmer extra rechnen müssen. Die Regierung sieht das unkritisch und argumentiert, dies würden schließlich Computerprogramme erledigen. Die Arbeitgeber sehen sich trotzdem weiter mit im Boot, weil sie bei steigenden Löhnen auch mehr anteilig bezahlen müssen.

Steuerzahler

Sie müssen den Sozialausgleich bezahlen - denn die Zusatzbeiträge sollen Versicherte nur bis zu zwei Prozent des Einkommens belasten. Die Regierung rechnet mit weniger als einer Milliarde Euro, die 2014 dafür gebraucht werde. Dann sollen die Steuerausgaben für den Sozialausgleich pro Jahr um knapp eine Milliarde steigen. 2011 wird der bestehende Steuerzuschuss für die Kassen von 15,7 auf 15,3 Milliarden Euro gesenkt. Darin ist ein Plus von 2 Milliarden enthalten, der eine zunächst geplante stärkere Senkung verhindert.

Privat Versicherte

Für sie ändert sich erstmal nicht viel - auch 2011 könnten die Prämien wieder steigen. Aber die Privatversicherer haben es künftig leichter: Sie können Neuversicherte schon ab einem Jahr über der Mindestgrenze beim Einkommen statt nach drei Jahren gewinnen, und sie profitieren von Rabattverhandlungen der gesetzlichen Kassen mit Arzneiherstellern.

Pharmaindustrie

Bereits beschlossen wurden Zwangsrabatt und Preismoratorium bis Ende 2013 mit Einsparungen von 1,15 Milliarden Euro im Jahr. Außerdem sollen neue Mittel die Kassen nicht mehr teurer zu stehen kommen, als bestehende Mittel mit vergleichbarem Nutzen. Das soll 2011 anlaufen und allmählich Einsparungen von 2 Milliarden im Jahr bringen. Die Kriterien für die Nutzenbewertung sollen nun aber gemäß den Wünschen der Pharmaindustrie von der Regierung, nicht unabhängig aufgestellt werden - Kritiker fürchten eine Aufweichung.

Ärzte

Statt der geforderten mehr als 2 Milliarden Euro mehr sollen die 150 000 niedergelassenen Ärzte kommendes Jahr nur etwa die Hälfte mehr bekommen. Begrenzungen von 350 Millionen Euro gibt die Koalition bereits vor, wenn Ärzte und Kassen an diesem Freitag über das Honorar fürs kommende Jahr verhandeln. Die Hausärzte sollen nur noch im Ärzteschnitt mehr verdienen können - ihnen entgehen dadurch etwa 500 Millionen Euro im Jahr.

Krankenhäuser

Zusätzliche Behandlungen und Diagnosen werden in geringerem Maß zusätzlich bezahlt, Preissteigerungen begrenzt - das soll 2011 rund eine halbe Milliarde sparen.

Apotheker

Die Handelsspannen im Arzneimittelgroßhandel sollen um rund 400 Millionen Euro im Jahr gekürzt werden - teils sollen die Apotheker das weniger bekommen.

Krankenkassen

 Sie sollen 2011 und 2012 insgesamt 600 Millionen Euro Verwaltungskosten einsparen.