Für die private Krankenversicherung brechen schwere Zeiten an
Stand: 28.03.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Die Zukunft der privaten Krankenversicherung (PKV) gilt als unsicher. Der oberste CDU-Gesundheitsexperte im Bundestag, Jens Spahn, findet die Trennung zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht mehr zeitgemäß. Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jürgen Graalmann, fordert gleiche Bedingungen für PKV und GKV. Dies machte er in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa in Berlin deutlich.
Viele private Krankenkassen haben Finanzprobleme - was soll aus der PKV werden?
Graalmann: "Die Lage der PKV ist ganz offensichtlich bedrohlich. Das hat viele Ursachen. So wie es aussieht, bekommen die Versicherer diese Krise nicht selbst unter Kontrolle. Es wird stattdessen immer wieder nach dem Gesetzgeber gerufen. Der soll die vollkommen überzogenen Provisionszahlungen an die Versicherungsvertreter begrenzen. Und er soll dafür sorgen, dass die Verhandlungserfolge von AOK und Co. schlicht auf die Privaten übertragen werden. Von unseren Erfolgen will die PKV jetzt profitieren, weil sie selbst nicht von ihrem massiven Kostenproblem runterkommt. In der Folge steigen Prämien dort auf ein immer höheres Niveau. Aus Umfragen wissen wir, dass mittlerweile jeder Dritte Privatversicherte gerne in die GKV wechseln will. Vor diesem Hintergrund halte ich einen einheitlichen Versicherungsmarkt für die logische Konsequenz."
Wie könnte das konkret aussehen?
Graalmann: "Auf diesem Marktplatz könnten sich GKV und PKV dem Wettbewerb um die besten Versorgungsangebote stellen. Dazu gehört dann auch, dass die Risikoselektion von gesunden Versicherten endlich in der Versenkung verschwindet. Eines ist ganz klar: Vor gleichen Rahmenbedingungen für GKV und PKV ist der AOK nicht bange."
Wenn ein einheitlicher Versicherungsmarkt entsteht - haben die gesetzlichen Kassen bei den lukrativen Zusatzversicherungen nicht das Nachsehen?
Graalmann: "Die Versicherten müssen sich auch weiterhin auf ihre Versicherung verlassen können. Das heißt, sie erhalten hochwertige und umfassende Leistungen, wenn sie krank werden. Und das unabhängig vom Einkommen. Wenn das heutige Geschäftsmodell der PKV gescheitert ist, darf es keine politischen Kompensationsgeschäfte geben. Und:
Ausgangspunkt für Zusatzangebote müssen die Wünsche der Versicherten sein. Und die wollen ganz einfach Leistungen aus einer Hand und von einem Partner, dem sie vertrauen. Das können wir mit eigenen attraktiven Tarifangeboten oder in Kooperationen tun."
Was soll mit den Rücklagen der PKV passieren?
Graalmann: "Die Rücklagen gehören den Versicherten. Sie haben dafür höhere Prämien bezahlt als sie tatsächlich an Leistungen bekommen haben. Wenn der Gesetzgeber künftig den Wechsel von Privatversicherten zurück in die Solidargemeinschaft der GKV erleichtern will, ist es nicht einzusehen, dass die Versicherten ihre Gelder weiterhin dem Versicherungskonzern "zwangsvererben" müssen.
Dieser Fehlanreiz muss weg. Es kann doch nicht sein, dass ein Konzern gewinnt, wenn ihm die Klientel davonläuft. Das ist sicher auch eine verfassungsrechtliche Frage."
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