Fahrzeug-Tuning kann Versicherungsschutz kosten
Stand: 12.10.2010
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn
Landsberg/Essen - Viele Autohersteller bemühen sich bereits um eine möglichst große Vielfalt. Beim Fiat 500 beispielsweise sind rein rechnerisch 549.000 Ausstattungskombinationen möglich. Wem das nicht genügt, der kann sein Gefährt aufwendig tunen. Im Jahr 2009 wurden dafür allein in Deutschland 4,3 Milliarden Euro ausgegeben. Doch nicht alle Modifikationen sind für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen.
Tuning-Teile benötigen Prüfzeugnis
Wenn das Gummi beim Einlenken am Radkasten schleift oder der in der Szene beliebte "böse Blick" den Lichtkegel des Scheinwerfers verändert, droht die Stilllegung. Generell gilt: Tuning-Teile benötigen ein Prüfzeugnis - dazu zählen die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE), ein Teilegutachten (TGE), eine Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG) und die EG- beziehungsweise ECE-Genehmigung. Amtlich genehmigt sein müssen laut Paragraf 22a der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) Scheinwerfer, Bremsleuchten, Blinker oder auch Scheiben, Reifen und Sicherheitsgurte. Liegt kein Prüfsiegel vor, erlischt die Betriebserlaubnis, warnt das Kraftfahrtbundesamt.
Bei den Teilegutachten gilt laut TÜV NORD eine Sonderregel: Werden Tuning-Teile mit Teilegutachten eingebaut, müssen amtlich anerkannte Sachverständige oder Prüfingenieure sich von der richtigen Montage überzeugen. Die Bestätigung darüber sollten Autofahrer wie andere Genehmigungen immer bei sich haben. "Wenn die Spur durch Reifen verbreitert wird, ist die Abnahme durch eine Sachverständigenorganisation wie TÜV oder Dekra notwendig", nennt Hubert Paulus vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg ein Beispiel. Zudem müsse der Halter die Veränderung bei der Zulassungsstelle eintragen lassen. Abnahme- und eintragspflichtig sind auch Leistungssteigerungen des Motors sowie Änderungen am Fahrwerk.
Bußgelder drohen
Hält sich der Tuning-Freund nicht an die Regeln und ist er zum Beispiel mit blauer Beleuchtung an Bord unterwegs, stehen teils saftige Strafen an - diese Farbe ist Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten vorbehalten. Eine Ordnungswidrigkeit ist die Inbetriebnahme eines derart getunten Wagens immer - je nach Schwere des Falls drohen Bußgelder von mehreren tausend Euro, Punkte in Flensburg und die Stilllegung des Fahrzeugs sowie die Einziehung beanstandeter Teile.
Regressforderungen der Kfz-Versicherung
Eine unangenehme Konsequenz hat sogar der Einbau genehmigter Teile, falls sie nicht von Werks-Tunern wie AMG, M oder Quattro stammen. Denn kommen Spoiler, Schweller und Co. aus dem Zubehörhandel zum Einsatz, kann die Garantie des Autoherstellers erlöschen. "Bei Fahrwerksveränderungen ist dies der Fall", erklärt Paulus. Auch versicherungstechnische Fragen stellen sich für die Individualisierungs-Freaks: "Versicherungen holen sich im Schadensfall alles zurück, wenn Sie mit falschen Teilen unterwegs sind", warnt Harald Schmidtke, Geschäftsführer beim Verband der Automobiltuner (VDAT) in Essen. ADAC-Experte Paulus ergänzt: "Die Haftpflichtversicherung zahlt zwar in jedem Fall." Vor Regressforderungen schütze das aber nicht.
Zulassung zum Straßenverkehr beachten
Durch Beachten einer einfachen Regel können Tuning-Freunde manchem Problem aus dem Weg gehen. Denn die Hersteller einschlägiger Teile sind verpflichtet, in der Montageanleitung Angaben zur Straßenverkehrsordnung zu machen: Steht dort, dass das Teil nicht für den Straßenverkehr zugelassen ist, sollten Käufer die Hände davon lassen, empfiehlt Paulus. Auch beim Kauf eines gebrauchten Getunten sollten die Papiere stimmen. "Der Käufer sollte sich alle Produktgutachten und Eintragungen in den Fahrzeugpapieren zeigen lassen", rät Schmidkte.
Kein erhöhtes Unfallrisiko
Stellen getunte Wagen eigentlich ein erhöhtes Unfallrisiko dar? "In der Statistik gibt es keine Hinweise darauf, dass individualisierte Autos am Unfallgeschehen einen größeren Anteil haben", sagt Harald Schmidtke vom VDAT. Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) sieht dennoch Aufklärungsbedarf. Das Thema Tuning habe derzeit zwar nicht "die ganz hohe Priorität". Aber etliche Wissenslücken gebe es durchaus - und sei es, dass viele nicht wissen, warum blaues Licht tabu ist.