EU will Kapitalvorschriften für Versicherer abmildern
Stand: 20.06.2012
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Hamburg - Wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) in ihrer Mittwochsausgabe berichtet, sollen die Kapitalregeln für Versicherer deutlicht entschärft werden. Nach heftigem Druck der Branche und Kritik von Aufsichtsbehörden wolle die EU alle bestehenden Verträge für sieben Jahre von dem neuen Regelwerk "Solvency II" ausnehmen, das ab 2014 gelten soll.
Für die Altverträge sollten weiter die bisherigen Standards gelten. Nur bei Risikomanagement und Berichten müssten Unternehmen die neuen Regeln einhalten. Dies entschärfe die Reform für die Lebensversicherer erheblich.
Mit der Schonfrist reagiert die EU dem Bericht zufolge auf Warnungen, dass viele Versicherer mit den neuen Regeln enorme Probleme bekommen könnten. Bei einem Test der deutschen Branche hatte sich herausgestellt, dass rund 40 Prozent der Lebensversicherer in Schwierigkeiten geraten würden, rund zehn Prozent sogar in Existenznot. "Das Problem sind die Niedrigzinsen, sie wirken sich unter 'Solvency II' sehr negativ aus", zitiert die "FTD" einen Topmanager.
Ausnahme für Altverträge
Für Kunden bedeute die Ausnahme für Altverträge, dass die Gefahr eines Kollapses ihrer Gesellschaft deutlich gesunken sei, schreibt die Zeitung. Allerdings gelten Turbulenzen bei einigen Anbietern von Lebensversicherungen wegen der Niedrigzinsen weiterhin als sehr wahrscheinlich. Kunden notleidender Gesellschaften würden von der brancheneigenen Auffanggesellschaft Protektor übernommen.
Mit "Solvency II" will Brüssel die Aufsichtsregeln EU-weit vereinheitlichen und Versicherer krisenfester machen. Die Anbieter müssen künftig für alle Risiken bestimmte Eigenmittel vorhalten. So braucht ein Anbieter, der Pharmafirmen versichert, mehr Kapital als der Rivale, der Wohnhäuser abdeckt. Versicherer müssen Kapitalanlagen in Aktien mit mehr Eigenmitteln unterlegen als bei Anlagen in Staatsanleihen.
In Brüssel laufen momentan die Abstimmungen zwischen Parlament, EU-Kommission und Ministerrat über das Regelwerk. Der Vorschlag, eine Ausnahme für Altverträge zu schaffen, kam der "FTD" zufolge vom CDU-Abgeordneten Burkhard Balz - dem Berichterstatter des Europaparlaments. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin habe sogar eine Übergangsfrist von zehn Jahren für Altverträge vorgeschlagen, hieß es dem Bericht zufolge in Brüssel. Die EU-Kommission habe nun Zustimmung zu Balz' Vorschlag signalisiert. Diskutiert wird er am Mittwoch von Rat, Parlament und Kommission. "Er hat gute Chancen, aber in trockenen Tüchern ist noch nichts", sagte ein Insider der Zeitung.