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Autokamera: Juristischer Nutzen von Dashcams zweifelhaft

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn

München/Frankfurt/Main - Auto-Kameras sind seit den Medienbildern des Meteoriteneinschlags von Tscheljabinsk in aller Munde. Die nämlich stammten von sogenannten Dashcams russischer Fahrer, die dort meist zur Beweisführung nach Unfällen dienen. Hierzulande ist ihr juristischer Nutzen zweifelhaft.

Dashcams werden meist per Saugnapf innen an der Windschutzscheibe befestigt und filmen das Verkehrsgeschehen vor dem Auto. Die Videos landen auf einer Speicherkarte und sind an jedem Computer mit Kartenleser abrufbar. Ein Akku oder ein Kabel am Zigarettenanzünder versorgt die Kamera mit Strom.

Je nach Ausführung kosten Dashcams zwischen 40 Euro für einfache Systeme und 250 Euro für High-End-Geräte. Besonders gut ausgestattete Modelle verfügen über eine zweite Kamera, die den Innenraum des Autos im Blick behält, eine Tonaufnahmefunktion und einen GPS-Empfänger, mit dem sich jedes aufgezeichnete Ereignis einer geografischen Position zuordnen lässt. Top-Geräte haben außerdem einen Beschleunigungssensor, der Unfälle erkennt: In diesem Fall speichert die Dashcam die Daten dauerhaft, bei Fahrten ohne Crash werden die ältesten Videosequenzen automatisch gelöscht. Das erspart dem Nutzer das lästige Leeren der Speicherkarte.

Beweismittel bei Unfall oder Nötigung

Exemplarisch testete die Zeitschrift "Auto Bild" (Ausgabe 15/2013) kürzlich eine Kamera der mittleren Preisklasse für 149 Euro. Fazit: Bei Tag und Nacht habe das System perfekte Bilder in HD-Auflösung geliefert. Die Technik reift seit geraumer Zeit. Denn Auto-Kameras werden längst im Motorsport eingesetzt, wo sie dazu dienen, die Hatz über den Rundkurs zu dokumentieren und Fahrfehler oder verlorene Zehntelsekunden aufzuspüren.

Abseits der Rennstrecke gibt es andere Beweggründe für den Einbau: "Viele Autofahrer wollen ein Beweismittel in der Hand haben, wenn es zum Unfall kommt oder sie Opfer einer Nötigung werden", sagt ADAC-Jurist Markus Schäpe. "Allerdings werden bei den Aufzeichnungen auch unbeteiligte Verkehrsteilnehmer aufgenommen." Die Rechtmäßigkeit der Nutzung von Auto-Kameras sei daher umstritten, zumal es auch noch keine gerichtlichen Entscheidungen dazu gebe.

"Ein Video kann als Beweismittel dienen, wenn das Gericht der Ansicht ist, dass Manipulationen ausgeschlossen sind", erläutert Schäpe. Der Schuss kann für Hobby-Filmer aber auch nach hinten losgehen, wenn sie es mit der Straßenverkehrsordnung nicht so genau nehmen: Beim Anfangsverdacht eines Vergehens darf die Polizei das Aufzeichnungsgerät sicherstellen und die Daten auch zum Nachteil des Betroffenen auswerten.

"Die Verwertbarkeit eines solchen Videos liegt derzeit allein im Ermessen des zuständigen Gerichts", erläutert Cathrin von der Heide vom Automobilclub von Deutschland (AvD). Der Club warnt Autofahrer davor, sich juristisch ausschließlich auf die Aufnahmen zu verlassen.

Skeptisch über den neuen Trend zur Kamera in der Windschutzscheibe zeigt sich auch Rainer Hillgärtner, Pressesprecher beim Auto Club Europa (ACE): "Die Videos könnten vor Gericht mehr Analysebedarf aufwerfen und den Sachverständigen mehr Arbeit bereiten als sie Nutzen bringen." Nach Diskussionen auf dem Verkehrsgerichtstag Anfang 2014 in Goslar werde die Lage klarer sein, hofft Hillgärtner.

Black Boxes gibt es schon seit den 90er Jahren

Elektronische Systeme zur Rekonstruktion von Unfallhergängen sind grundsätzlich nicht neu. Schon seit Mitte der 90er Jahre gibt es Datenspeicher für Kraftfahrzeuge. Diese sogenannten Black Boxes zeichnen - ähnlich einem Flugschreiber - relevante Daten auf und speichern sie für einige Minuten. Dazu gehören unter anderem Längs- und Querbeschleunigung, Bremsenbetätigung, Gurtschlossrastung sowie Blinker- und Beleuchtungsaktivität. Nach einem Crash können Sachverständige die Informationen auslesen und auswerten.

Im Jahr 2012 hat sich der Bundestag für den obligatorischen Einbau von Black Boxes in Neuwagen ausgesprochen. Angesichts von Preisen ab 700 Euro stünden die Kosten für die Technik aber in keinem Verhältnis zum Nutzen, sagt Stephan Schweda, Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). "Die Unfallaufklärung ist in Deutschland fast lückenlos" - das mache ein teures Überwachungssystem überflüssig. Automobilclubs wittern den "gläsernen Autofahrer" und lehnen daher eine Black-Box-Pflicht ab.

Gang und gäbe sind die Datenspeicher bereits bei Fahrzeugflotten, sagt Hanno Boblenz, Chefredakteur der Zeitschrift "Firmenauto". Unternehmen müssten die Fahrer aber auf die Überwachung hinweisen, auch sei die Zustimmung des Betriebsrats notwendig. Kameras, die an der Scheibe befestigt werden, sehen die Berufsgenossenschaften mit Argwohn, weiß Boblenz - wegen Einschränkungen des Blickfelds.