Anwaltstipps zu Kfz-Bußgeldern aus dem europäischen Ausland
Stand: 03.08.2010
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Stuttgart - 2009 sind rund 516.000 Knöllchen aus der EU bei deutschen Auto-Urlaubern eingetroffen. Dies geht aus einer Berechnung hervor, die das Online-Reisebüro ab-in-den-urlaub.de unter anderem anhand von Anfragen ausländischer Behörden an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angestellt hat. Doch ungezählte Bundesbürger hielten es in der Vergangenheit mit Strafzetteln und Bußgeldbescheiden aus dem Ausland wie mit so mancher Urlaubsbekanntschaft: aus den Augen - aus dem Sinn. Doch damit ist es bald vorbei.
Ab Herbst sollen nach langen Anläufen Bußgelder und sonstige Sanktionen aus dem europäischen Ausland auch in Deutschland vollstreckt werden können. Dann müssen deutsche Behörden bis hin zum Gerichtsvollzieher Kfz-Bußgelder aus EU-Mitgliedsländern bei den Bundesbürgern eintreiben. "Fordert eine ausländische Behörde zur Zahlung auf, muss man dies künftig ernst nehmen. Irgendwelche Zahlungsaufforderungen dubioser Inkassounternehmen brauchte man jedoch schon in der Vergangenheit nicht zu beantworten, und dies gilt auch in Zukunft", erläutert Rechtsanwalt Michael Winter aus Kornwestheim die Prämisse der künftigen Rechtslage.
Um in der Bundesrepublik vollstrecken zu können, bedürfe es eines offiziellen Bescheides, erklärt der auf Verkehrsrecht spezialisierte Rechtsanwalt: "Diesen erlässt das Bundesamt für Justiz in Bonn im sogenannten Bewilligungsverfahren, wenn eine ausländische Bußgeldbehörde dies beantragt und alle notwendigen Unterlagen vorgelegt hat." In einem Beiblatt werde der Betroffene über die Besonderheiten und die Abwicklung des Verfahrens unterrichtet. Dabei gelte, dass man über ein im europäischen Ausland anhängiges Verfahren in verständlicher Form und in deutscher Sprache informiert und belehrt werden müsse.
Strafmandate unter 70 Euro sollen nicht vollstreckt werden. "Interessant wird sein, ob diesbezüglich nur das reine Bußgeld oder ebenfalls Verfahrenskosten und Auslagen zählen", sagt Winter. Diese in Deutschland meist zwischen 20 und 30 Euro liegenden Beträge vervielfachten sich gegebenenfalls im Ausland. Vollstreckt würden nur Bußgeldern und sonstige Geldsanktionen, soweit diesen Verstöße gegen ausländische Verkehrsregeln zugrunde liegen. Zu beachten sei - wie in der Vergangenheit - dass in Deutschland eine sogenannte Halterhaftung nur im Bereich des ruhenden Verkehrs zulässig sei und dort auch nur für Verfahrenskosten und Auslagen greife.
"Basiert ein ausländischer Bescheid auf einer anders geregelten Halterhaftung, ist dies mit unseren Rechtsgrundsätzen unvereinbar, eine Bewilligung der Vollstreckung ist nicht zu erwarten", meint Winter und macht zugleich auf einen weiteren wichtigen Punkt aufmerksam: "Ob und wann man sich auf die Verjährung nach ausländischem und nach deutschem Recht berufen kann, hängt vom Einzelfall ab, hierzu sowie in allen anderen unklaren Fällen holt man am besten die Auskunft eines versierten Juristen ein."
"Grundsätzlich", empfiehlt Winter, "rate ich den Betroffenen, die Bußgeldbescheide gründlich zu studieren, sich zu wehren oder zu bezahlen, wenn der Verstoß beweisbar feststeht." Wer nicht zahle, für den stehe künftig deutlich mehr auf dem Spiel, beispielsweise ein noch höherer Bescheid wegen Zahlungsverweigerung.