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Strompreisprivilegien

Steigende Strompreise stellen eine Belastung für alle dar. Vor allem energieintensive Industriebetriebe sind auf niedrige Strompreise angewiesen. Nur durch tragbare Energiekosten können sie im internationalen Wettbewerb bestehen und Versorgungssicherheit gewährleisten. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland erhalten Intensivverbraucher aus diesem Grund milliardenschwere Strompreisprivilegien und Steuerentlastungen.

Inhalt dieser Seite
  1. Das Wichtigste in Kürze
  2. Was sind Strompreisprivilegien?
  3. Was sind energieintensive Unternehmen?
  4. Welche Strompreisprivilegien gibt es?
  5. Fazit: Strompreisprivilegien im Dilemma
  6. Verwandte Themen
  7. Weiterführende Links
  8. Jetzt Stromtarif sichern

Das Wichtigste in Kürze

  • Strompreisprivilegien bezeichnen Ermäßigungen, Befreiungen und Privilegien hinsichtlich des Strompreises, der EEG-Umlage, der Netzentgelte und der Emissionsrechte.
  • Strompreisprivilegien halten die wirtschaftliche Belastung energieintensiver, systemkritischer Betriebe gering und sollen den Wirtschaftsstandort Deutschland schützen.

Was sind Strompreisprivilegien?

Strom ist ein teures und seltenes Gut. Zumindest solange es keine flächendeckende Infrastruktur für Gewinnung, Speicherung und Nutzbarmachung Erneuerbarer Energien gibt. Spätestens durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, die EU-Sanktionen gegen Russland und die Lieferkettenunterbrechungen durch die Coronamaßnahmen ist Endverbraucherinnen und Endverbrauchern bewusst: Strom und Energie sind keine Selbstverständlichkeit.

Was aber, wenn energieintensive, systemkritische Unternehmen durch hohe Strompreise in einen Wettbewerbsnachteil oder in wirtschaftliche Notlage geraten? Um dies zu verhindern, bietet die Bundesregierung Strompreisvergünstigungen an wie die Befreiung von der EEG-Umlage und Netzentgelten, den Spitzenausgleich und kostenlose Emissionszertifikate.

Was sind energieintensive Unternehmen?

Energieintensivität ist eine volkswirtschaftliche Kennzahl, die unter anderem bestimmt, wer Entlastungen beantragen kann. Unternehmen, deren Energiekosten mehr als 15 Prozent der Gesamtleistung bzw. der Umsatzerlöse ausmachen, gelten als energieintensiv. Gemessen an Gesamtkosten gelten folgende produzierenden Intensivunternehmen als besonders energieintensiv:

  • Chemische Industrie (54 Prozent)
  • Stahl-/Metallindustrie (18,2 Prozent)
  • Nichteisenmetall-Industrie (15,7 Prozent)
  • Papierindustrie (8,5 Prozent)
  • Glasindustrie (5 Prozent)
  • Baustoffindustrie (3,1 Prozent)

Steigen Stromkosten, so steigen auch die Energieintensität der Unternehmen und die Risiken für die Industrie. Neben Energiesparmaßnahmen sollen Strompreisprivilegien nicht nur Arbeitsplätze und Betriebe, sondern auch den Wirtschaftsstandort Deutschland schützen und wettbewerbsfähig halten. Energieintensive Unternehmen sichern nicht nur nachhaltiges Wachstum durch einen starken Industriestandort, sondern auch Wertschöpfungsketten, ohne die eine zukunftsorientierte Energiewende kaum denkbar ist.

Welche Strompreisprivilegien gibt es?

Der deutsche Strompreis liegt im EU-weiten Vergleich deutlich vorne. Strompreisprivilegien bedeuten für energieintensive Unternehmen somit eine überlebenswichtige Erleichterung. Diese müssen sich jedoch meist selbst über verfügbare Entlastungen informieren. Strompreisprivilegien werden nicht automatisch oder als Gesamtpaket angewandt, sondern sind aktiv und separat zu beantragen.

Verkompliziert wird das Ganze durch regelmäßige Änderungen und Reformen der Entlastungsprogramme wie die geplante Abschaffung der EEG-Umlage oder EU-Diskussionen zur deutschen Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR).

Folgende Strompreisprivilegien kommen in Deutschland zur Anwendung:

Wegfall der EEG-Umlage und Besondere Ausgleichsregelung (BesAR)

Im Jahr 2000 eingeführt, sollte die EEG-Umlage als „Ökostromumlage“ Ausbau und Nutzung von Erneuerbaren Energien wie Solar, Wind, Wasserkraft und Biomasse finanzieren. Grundsätzlich wird die EEG-Umlage über den Strompreis von Stromverbraucherinnen und Stromverbrauchern erhoben. Energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, müssen daher keine EEG-Umlage leisten. Geregelt sind Ausnahmen in der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) § 63 ff. EEG 2021. Die Beantragung erfolgt über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Ohne BesAR betrug die EEG-Umlage im Jahr 2021 6,5 Kilowattstunde Strom.

Im Zusammenhang mit der drastischen Verschärfung des Strompreisniveaus für private Endverbraucherinnen und Endverbraucher soll die EEG-Umlage nach Plänen der Großen Koalition bis zum 01. Januar 2023 gänzlich wegfallen. Somit erfolgt die Finanzierung des Ausbaus Erneuerbarer Energien nicht länger über den Strompreis, sondern durch den Bundeshaushalt. Auf diese Weise werden nicht nur Privatverbraucherinnen und Privatverbraucher, sondern auch nicht-privilegierte Unternehmen entlastet.

Spitzenausgleich

Unternehmen im produzierenden Gewerbe erhalten den sogenannten Spitzenausgleich, wenn sie bestimmte Effizienzziele erfüllen und über Energie- oder Umweltmanagementsysteme verfügen. Der Spitzenausgleich ermöglicht energieintensiven Unternehmen eine Ermäßigung oder Befreiung von der Stromsteuer. Die Anforderungen und die Nachweisführung regelt die Verordnung zur Änderung der Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung. Bis zu 9.000 produzierende Unternehmen erhalten durch den Spitzenausgleich bis zu 90 Prozent Strompreis-Entlastung.

Befreiung von Netzentgelten

Gemäß der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) entrichten Stromkundinnen und Stromkunden sogenannte Netzentgelte an Netzbetreiber für die Netznutzung. Auch hier profitieren energieintensive Unternehmen mit mindestens 7.000 Stromnutzungsstunden und über 10 Gigawattstunden von Ermäßigungen bis zu 80 und 90 Prozent.

Emissionsrechtehandel

Parallel zum Ausbau Erneuerbarer Energien gilt es, CO2-Emissionen zu reduzieren. Um die CO2-Reduzierung zu fördern, sind CO2-Emissionen in der EU kostenpflichtig. Unternehmen erwerben Emissionsrechte durch sogenannte kostenpflichtige CO2-Zertifikate. 2021 wurde der nationale Emissionshandel zudem auf die Bereiche Verkehr und Wärme ausgeweitet. Energieintensive Unternehmen, die bestimmte Anforderungen hinsichtlich Energieeffizienz und alternative CO2-Reduktion erfüllen, erhalten unter bestimmten Bedingungen bis voraussichtlich 2035 kostenlose CO2-Zertifikate.

Fazit: Strompreisprivilegien im Dilemma

Gründe und Bedarf für Strompreisprivilegien liegen auf der Hand: Ohne eine starke, international wettbewerbsfähige Industrie geraten nicht nur der Arbeitsmarkt und die deutsche Wirtschaft in eine anhaltende Krise. Auch die Finanzierung und die Förderung Erneuerbarer Energien lassen sich ohne wichtige Wertschöpfungsketten der produzierenden Industrie nicht realisieren.

Gleichzeitig führt die Ausnahme von Umlagen und Stromsteuern für die Industrie zwangsläufig zu höheren Strompreisen für Privathaushalte. Stimmen aus der Opposition kritisieren daher die „Reformbaustelle“ Strompreisprivilegien. Diese führe nicht zwingend oder in den meisten Fällen zur Entlastung von gefährdeten energieintensiven Betrieben, sondern unter Umständen auch zur Bevorteilung von Betrieben und zur Ausbremsung der Energiewende.

Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein notwendiges Dilemma, denn ohne höhere Strompreise und Energiekosten lässt sich die Energiewende nicht umsetzen. Ohne einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland mit geschützter energieintensiver Industrie jedoch ebenso wenig.

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