Strombörse: So funktioniert der Handel mit Energie
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Eine Strombörse ist eine Handelsplattform für Elektrizität. Diese ermöglicht es Energieproduzenten, Versorgern und Unternehmen, Strom sowohl kurz- als auch langfristig zu kaufen oder zu verkaufen. Wie der Stromhandel im Detail abläuft und wie sich der Börsenpreis auf die persönliche Stromrechnung auswirkt, können Sie auf Verivox nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze
- An einer Strombörse handeln Energieproduzenten, Versorger und große Unternehmen mit Elektrizität.
- Die Handelspreise für Strom in Deutschland entstehen an der Leipziger Energiebörse EEX.
- Der kurzfristige Stromhandel wird über den Sportmarkt realisiert, langfristige Geschäfte über den Terminmarkt.
- Im außerbörslichen OTC-Handel fallen die Volumina noch deutlich höher aus als an der Strombörse.
Die historische Entwicklung der Strombörsen
Börsensysteme für Energieträger wurden ab Mitte der 1980er-Jahre von dem – in der Zwischenzeit wegen Bilanzfälschungen und Konkurs im Jahr 2001 berüchtigten – amerikanischen Konzern Enron entwickelt.
Die erste Strombörse in Europa nahm 1993 in Norwegen ihren Betrieb auf. Heute ist Nord Pool der wichtigste Handelsplatz für Energie in Nordeuropa. Die Börse befindet sich zu 66 Prozent im Besitz von Euronext – einem Börsenverbund mit Handelsplätzen in verschiedenen europäischen Ländern. Die restlichen 34 Prozent der Anteile entfallen über eine gemeinsame Holdinggesellschaft auf die Betreiber des nordischen Übertragungsnetzes und Litgrid – ein litauisches Energieunternehmen.
In Deutschland entstehen Handelspreise für Strom an der Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig. Gemessen an Teilnehmern und Handelsvolumen ist sie die größte kontinentaleuropäische Strombörse. Sie entstand im Jahr 2002 aus der Fusion der bis dahin in Frankfurt am Main ansässigen European Energy Exchange (EEX) mit der Strombörse Leipzig Power Exchange (LPX). Heute kaufen und verkaufen dort mehr als 400 Handelsteilnehmer aus über 30 Ländern Strom, aber beispielsweise auch Erdgas und verschiedene Umwelt- sowie Agrarprodukte.
Wie funktioniert eine Strombörse?
Das Funktionsprinzip einer Strombörse gleicht dem der Wertpapierbörse. Das heißt, der Strompreis an der Börse bildet sich im freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Allerdings lässt sich Elektrizität nicht direkt speichern. Daher müssen die Erzeugung und Lieferung praktisch gleichzeitig erfolgen. Da Deutschland den Ausbau der Erneuerbaren Energien kontinuierlich vorantreibt, hängt mittlerweile ein bedeutender Teil der hiesigen Stromproduktion vom Wetter ab und kann nur begrenzt geplant werden. Diese Umstände prägen den Handel mit elektrischer Energie an den Strombörsen.
Heutzutage wird der Stromhandel an der EEX und anderen Börsen ausschließlich elektronisch realisiert. Moderne Strombörsen stellen den Handelsteilnehmenden verschiedene Anbindungsvarianten zur Verfügung, um Kauf- und Verkaufsgebote einzustellen. Die Anbindung kann beispielsweise über das Internet oder ein virtuelles privates Netzwerk erfolgen.
Die eingehenden Gebote führt die Strombörse nach festen Handelsregeln zusammen. Die gehandelten Energievolumina und Preise lassen sich auf der Webseite der EEX einsehen, Kaufende und Verkaufende bleiben jedoch anonym. Damit stellt der Handelsplatz sicher, dass alle Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer gleichbehandelt werden.
Aus welchen Ländern stammt die an der Strombörse gehandelte Energie?
Die Leipziger European Energy Exchange stellt die größte Handelsplattform für Strom aus Deutschland dar. Auf dem Marktplatz sind aber auch zahlreiche Akteure aus anderen Staaten aktiv – etwa aus Österreich, der Schweiz und Frankreich. Der Strom muss also nicht zwangsläufig aus Deutschland kommen, sondern kann auch aus anderen Ländern stammen.
Wer kann an der Strombörse kaufen?
Die deutsche Strombörse ist ein Großhandel für Energie. Demnach bleiben Privatpersonen außen vor. Am direkten Stromhandel an der Börse teilzunehmen, ist nur Stromanbietenden, Energiekonzernen und Großkunden wie Industrieunternehmen, Banken und Brokern möglich. Grundsätzlich kann zwar jedes Unternehmen eine entsprechende Börsenzulassung beantragen. Als wirtschaftlich sinnvoll erweist sich das aber erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße.
Stromhandel findet am Termin- und am Spotmarkt statt
Strom wird je nach Lieferzeitraum entweder an den Terminmärkten oder im Spothandel umgeschlagen. Erstere nutzen Energielieferanten und Unternehmen, um langfristige Geschäfte zu tätigen, die einen Großteil des prognostizierten Strombedarfs abdecken. Der Lieferzeitpunkt kann sowohl Wochen als auch Monate oder Jahre in der Zukunft liegen. Da der Strompreis an der Börse für Termingeschäfte stark schwankt (beispielsweise durch die Jahreszeiten und geopolitische Entwicklungen), decken sich die Einkäuferinnen und Einkäufer in der Regel nur mit einer Teilmenge ihres Gesamtbedarfs ein.
Der Spothandel bietet Raum für kurzfristige Transaktionen. Das ermöglicht Energieversorgern, kurzfristige Engpässe zu schließen beziehungsweise Fehlkalkulationen auszugleichen oder Überkapazitäten anzubieten. Je nach Wetter und Nachfragesituation kann der Strom hier überdurchschnittlich teuer sein oder sogar kostenlos angeboten werden.
Der EEX-Terminmarkt für langfristige Stromhandelsgeschäfte
An der Strombörse EEX in Leipzig werden sogenannte "Futures" gekauft und verkauft. Dabei handelt es sich um Termingeschäfte, die bis zu sechs Jahre in die Zukunft reichen, also erst zu einem späteren Zeitpunkt physisch oder finanziell zu erfüllen sind. Das Angebot umfasst sowohl verschiedene Monats- und Wochenverträge als auch Quartals- und Jahresverträge.
Mithilfe dieser langfristigen Stromverträge können sich Energieerzeuger und -lieferanten Planungssicherheit verschaffen und sich vor Preissteigerungen absichern. Während sogenannte Baseload-Produkte die Grundlast eines Tages (0 bis 24 Uhr) abdecken, dienen Peakload-Produkte dazu, Spitzenlasten (zwischen 8 und 20 Uhr) abzufedern.
Der EPEX-Spotmarkt für kurzfristigen Stromhandel
Der als EPEX SPOT bezeichnete Spotmarkt der EEX befindet sich in Paris. Die hier abgeschlossenen Handelsgeschäfte werden innerhalb einer Zeitspanne von maximal zwei Tagen physisch erfüllt. Geschäfte lassen sich entweder Day-Ahead oder Intraday abschließen:
- Am Day-Ahead-Markt verhandeln Energiekaufende und -verkaufende über Strompakete für jede Stunde des Folgetages. Darüber hinaus lassen sich hier auch Blockgebote – etwa für die verbrauchsintensiven Morgenstunden – finden. Die Akteure müssen ihre Gebote für den nächsten Tag bis spätestens 12 Uhr am Mittag abgeben. Der um 12:40 Uhr von der Strombörse veröffentlichte Preis wird nach dem Merit-Order-Prinzip ermittelt. Diejenigen, die Strom am günstigsten anbieten, dürfen ihr Kontingent zuerst verkaufen. Der Strompreis bemisst sich jedoch am teuersten zugeschalteten Kraftwerk.
- Der Intraday-Markt ermöglicht es den Handelsteilnehmern, Strom zu kaufen oder zu verkaufen, der noch am selben Tag geliefert wird. Handelsteilnehmer können sogar auf Energiepakete bieten, deren Lieferung bereits fünf Minuten nach Vertragsabschluss erfolgt. Durch den voranschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien gewinnt der Intraday-Handel zunehmend an Bedeutung. An sehr sonnigen oder windigen Tagen ist mitunter dermaßen viel Ökostrom verfügbar, dass der Strompreis sogar in den negativen Bereich fallen kann.
OTC-Handel immer noch dominierend
Auf die Strombörse entfällt nur circa ein Viertel des hiesigen Handels. Rund 75 Prozent des Stromhandels werden immer noch über den sogenannten OTC-Handel beziehungsweise außerbörslich realisiert. Käufer und Verkäufer schließen entweder einen direkten Vertrag miteinander ab oder sie nutzen einen Broker. Anders als an der Strombörse ist der Preis hier aber nur den beiden Vertragsparteien bekannt. Die Strompreise im OTC-Handel unterscheiden sich jedoch nur geringfügig vom Börsenpreis.
Auswirkungen des Strompreises an der Börse auf Verbraucherinnen und Verbraucher
Private Haushalte bekommen die Auswirkungen der Preisentwicklung an den Strombörsen nicht direkt zu spüren. Das hat mehrere Gründe:
- Knapp die Hälfte des Strompreises für Privatleute setzt sich aus Steuern, Abgaben und Netznutzungsentgelten zusammen. Nur die andere Hälfte besteht aus den Kosten, die bei den Stromversorgern selbst anfallen: Produktion beziehungsweise Beschaffung, Vertrieb und Gewinnmarge.
- Sinken die Strompreise an der Strombörse, können die Energieversorger günstiger einkaufen. Doch damit ist nicht gesagt, dass die Preise auch für Endkundinnen und -kunden sinken müssen. Die Versorger können die zusätzlichen Gewinne auch einfach einbehalten.
- Weiterhin ist die Beschaffung von Strom eine langfristige Angelegenheit und kurzfristige Preisschwankungen haben geringe Auswirkungen auf die durchschnittlichen Beschaffungskosten der Stromversorger.
Aus diesen Gründen sollten private Verbraucherinnen und Verbraucher nicht darauf hoffen, dass ihr Energielieferant Strom günstig an der Börse einkauft und diese Vorteile weitergibt, sondern sich selbst nach den günstigsten Stromanbieter umschauen. Ganz einfach geht dies mit dem Verivox Stromvergleich.