"Wir wollen den Erfolg" - Energiegipfel im Kanzleramt
Stand: 23.05.2012
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Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Mittwoch nach einem Energiegipfel mit den Ministerpräsidenten der Länder im Bundeskanzleramt den Einsatz für ein Gelingen der Energiewende bekräftigt. "Die Energiewende ist eine große Aufgabe, man kann sagen eine Herkulesaufgabe, der wir uns verpflichtet fühlen", sagte sie. "Wir wollen den Erfolg."
Künftig solle es halbjährliche Treffen geben, um Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren. Bei dem Steuerbonus für energetische Gebäudesanierungen und der Kürzung der Solarförderung müssten Bund und Länder rasch zu einer Einigung kommen. "Hier drängt die Zeit." Merkel betonte, das Treffen sei ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Umsetzung der Energiewende. In Kürze solle ein Plan für eine bundesweite Netzplanung vorgelegt werden.
Brüderle: Starre Förderung ist "Steinzeit-Ökonomie"
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat die Länder aufgefordert, harte Einschnitte bei der Solarförderung zu akzeptieren. Die auf 20 Jahre festgeschriebenen Subventionen beim Aufstellen einer Photovoltaik-Anlage seien absurd. "Das ist Steinzeitökonomie und Planwirtschaft", kritisierte Brüderle am Mittwoch.
Jeder Monat, um den sich wegen der Blockade im Bundesrat die geplanten Kürzungen der Regierung verzögerten, koste die Verbraucher auf 20-Jahres-Sicht um die fünf Milliarden Euro. Jetzt müssten schnell Netze und neue Kraftwerke gebaut werden. Ansonsten drohten im Winter Versorgungsengpässe. "Es kann ja nicht so sein, dass wir im Winter die Dreckschleudern in Österreich und anderswo mit schwerem Öl oder Kohle wieder reaktivieren, nur weil man keine Entscheidung hinkriegt", sagte Brüderle.
Seehofer: Rückkehr zum eigenen staatlichen Versorger
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte Merkel mit einem Alleingang gedroht, wenn die schwarz-gelbe Koalition nicht zu schnellen Lösungen kommt. In der "Süddeutschen Zeitung" stellte er die Rückkehr zu einem eigenen staatlichen Energieversorger in Aussicht. Der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte die Stromwirtschaft privatisiert. Damals ging das traditionsreiche Bayernwerk bei einer Fusion im neuen Versorger E.ON auf. Die Energiewirtschaft distanzierte sich von Seehofers Vorstoß.
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte: "Es ist bizarr, dass die CSU als Totengräberin des Bayernwerks jetzt dessen Wiederauferstehung propagiert." Seehofer müsse darlegen, "wie viel Kapital die bayerischen Steuerzahler aufbringen müssen, um das 1994 privatisierte Bayernwerk neu zu gründen".
Kretschmann vermisst konkrete Ergebnisse
Nach dem Gipfel hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rasche Entscheidungen zur Umsetzung der Energiewende gefordert. Bei dem Gesprächhabe es "zu nichts konkrete Ergebnisse" gegeben, sagte Kretschmann am Rande des Spitzentreffens. Bei dem Treffen auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seien "die Probleme noch einmal aufgerissen" worden, ohne dass eine "konkrete Agenda mit Zeitplan" zustande gekommen wäre. "Wir stehen unter enormem Zeitdruck", sagte Kretschmann weiter.
Dennoch bewertete der Ministerpräsident das Treffen in Berlin positiv. "Das kommt jetzt in die Gänge", sagte er mit Blick auf die vereinbarten Arbeitsgruppen, die sich um die Umsetzung der Energiewende kümmern sollen. Der Bundesregierung warf Kretschmann vor, das Thema Energiewende bislang vernachlässigt zu haben: "Es ist ein Jahr verstrichen, in dem zu wenig passiert ist."
Umweltschützer setzen Hoffnung in Altmaier
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger rief Altmaier anlässlich des Energiegipfels auf, die Bürger stärker für eine "Energiewende von unten" zu motivieren. Er müsse den falschen Eindruck korrigieren, der Hartz-IV-Empfänger in Berlin finanziere die Solaranlage des Zahnarztes in Süddeutschland über einen höheren Strompreis. Auch müssten endlich alle Horrorszenarien vom Tisch, Deutschland drohe ohne Atomkraftwerke eine Stromknappheit. "Wir erzeugen immer noch mehr Strom als wir brauchen", sagte Weiger. Auch die Preise seien nicht explodiert.
Wegen der schnellen Zunahme von Energie aus Wind-, Wasser und Sonnenkraft würden auch schmutzige Formen der Energieerzeugung nicht mehr gebraucht, sagte Hipp. Er verwies auf Gaskraftwerke, die derzeit geplant oder gebaut würden. "Wir haben Kohlekraftwerke nicht mehr nötig und können sie uns auch nicht mehr leisten", sagte Hipp mit einem Verweis auf deren starken Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2.
Wegen des immer noch zu hohen CO2-Ausstoßes forderte Hipp von Umweltminister Altmaier, auf eine Reform des Emissionshandels zu dringen. Die Papiere, mit denen sich etwa Unternehmen Verschmutzungsrechte kaufen können, seien zu günstig. "Die Industrie hat überhaupt keinen Anreiz, CO2 einzusparen", kritisierte Hipp und forderte deshalb, Zertifikate vom Markt zu nehmen.
Greenpeace appellierte auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Energiewende stärker als bisher zur Chefsache zu machen. Sie habe die Chance, eine Energiewende in ganz Europa durchzusetzen. Dazu müsse sie aber ihren Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) stoppen. Durch die von ihm vorangetriebene Kürzung der Solarförderung sei er dabei, eine künftige Schlüsselindustrie Deutschlands zu zerstören.
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