Windräder und Bundeswehr - das passt nicht immer
Stand: 04.11.2010
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Nordholz - In Deutschland sind Windräder längst vielerorts im Landschaftsbild zu finden. Der Bundesregierung zufolge soll ihre Zahl bald sogar noch stärker wachsen. Doch dort, wo die neuen Anlagen gebaut werden sollen, gibt es immer wieder Ärger. Anwohner beklagen sich über Lärm, Kommunen fürchten eine Verschandelung der Natur und Tierschützer sind um das Wohl der Vögel besorgt. Auch die Bundeswehr stellt sich quer, wenn es um den Bau neuer Windparks geht.
Im niedersächsischen Nordholz verhinderte die Bundeswehr kürzlich den Bau von 25 Windrädern. Der Grund: Die Anlagen stören das Radarsystem auf dem nur wenige Kilometer entfernten Luftwaffenstützpunkt, wie ein Presseoffizier erklärt. Die Anlagen "werden mit ihren rotierenden Elementen vom Radar als Bewegtziel erkannt. Sie liefern Zielinformationen, die das Erkennen von Luftfahrzeugen erschweren oder ganz ausschließen." Angreifer könnten sich also unerkannt nähern.
Der Streit um die Windräder in der nur wenige Kilometer von Cuxhaven entfernten Gemeinde ist kein Einzelfall. Auch im ostfriesischen Wittmund stehen mehr als 20 Windräder auf der Kippe. Die Bundeswehr will dort jede Anlage einzeln prüfen und dann entscheiden, ob gebaut werden darf. Für die Windparkbauer bedeutet das nicht nur höhere Kosten.
"Es gibt keine Planungssicherheit", klagt Ragna Lohmann vom Bremer Energiekontor, die für das Projekt in Nordholz zuständig ist. "Dadurch ist der Ausbau der Windenergie im ganzen Nordwesten gefährdet." Doch nicht nur da.
Deutschlandweit liegen nach Angaben des Bundesverbands Windenergie (BWE) Anlagen mit einer Leistung von fast 1400 Megawatt auf Eis. Das entspricht etwa 700 größeren Windrädern. "Wir haben das Problem flächendeckend", sagt BWE-Rechtsexperte Martin Maslaton. "Die Politik muss endlich Farbe bekennen."
Im jüngst vorgestellten Energiekonzept unterstreicht die Bundesregierung die Bedeutung der Windenergie. An Land setzt sie dabei vor allem auf das sogenannte Repowering - dem Austausch von alten durch leistungsstärkere Anlagen. "Zur besseren Verträglichkeit militärischer Radaranlagen mit der Windenergienutzung wird die Bundesregierung die technischen Voraussetzungen schaffen, die Störungen durch Windenergieanlagen weitgehend auszuschalten", heißt es in dem Papier.
In Nordholz half neue Technik allerdings nicht weiter. Die Bremer Energiekontor wollte dort mehrere ältere Windräder ersetzen. Die Neuen sollten zwar größer sein, aber sich langsamer drehen. "Die Beeinträchtigung für die Radaranlagen ist dadurch deutlich geringer", erläutert Lohmann. Das habe auch ein Gutachten des Flugtechnikkonzerns EADS ergeben. Trotzdem sagte die Bundeswehr Nein.
Der Bundesverband Windenergie spricht deshalb von einer Blockadehaltung. "Der Bundeswehr ist das Energiekonzept egal", meint Maslaton. Die Gutachten, die sie vor dem Bau von neuen Windrädern erstellt, basieren nach seinen Angaben auf dem veralteten Primärradar. Die Luftwaffe setze aber längst auch das modernere Sekundärradar ein.
Der Konflikt um die Windräder beschäftigt mittlerweile auch die zuständigen Ministerien in Berlin. "Das ist zurzeit tatsächlich ein Problem, aber wir arbeiten daran", sagt ein Sprecher des Umweltressorts. Es gebe auf Arbeitsebene regelmäßig Gespräche mit den Kollegen vom Verteidigungsministerium, um eine Lösung zu finden.
Ob das die Projekte in Nordholz und Wittmund rettet, ist fraglich. Die Windparkbauer wissen mittlerweile aus Erfahrung: "Die Mühlen mahlen in der Politik sehr langsam", sagt Lohmann.