Wind- und Solarstromproduktion erreichen Rekordhoch
Stand: 19.04.2013
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Dank reichlich Wind und Sonne ist die Produktion von Ökostrom in Deutschland auf das höchste Niveau aller Zeiten gestiegen. Wie Zahlen der Leipziger Strombörse EEX zeigen, produzierten Windräder und Solaranlagen am Donnerstag Strom mit einer Leistung von bis zu 35 900 Megawatt. Über mehrere Stunden hinweg war die Ökostromproduktion damit höher als die Erzeugung in Kohle- und Atomkraftwerken. Erwartet worden war nur eine Produktion von maximal 32 600 Megawatt.
Der Spitzenwert am Mittag entsprach der Leistung von rund 26 Atomkraftwerken. "Erstmals wurde Deutschland an einem laststarken Werktag zwischenzeitlich zu mehr als 50 Prozent mit Strom aus Wind- und Solaranlagen versorgt", erklärte der Direktor des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien in Münster, Norbert Allnoch.
Der bisherige Ökostromrekord habe bei knapp 33 000 Megawatt gelegen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Schon für heute (Freitag) wird eine weit geringere Erzeugung von Wind- und Solarstrom erwartet - die Energiewende ist abhängig vom Wetter.
Trotz der hohen Ökostromproduktion laufen derzeit aber auch viele Kohlekraftwerke oft auf vollen Touren - durch den EU-weiten Verfall der Preise für CO2-Verschmutzungsrechte erlebt Kohlestrom derzeit eine Renaissance. Auch deshalb exportierte Deutschland im ersten Quartal 2013 so viel Strom in das Ausland wie selten zuvor. Ein weiteres Problem sind fehlende Speicher für Ökostrom - ohne einen Durchbruch drohen die Kosten des Umbaus aus dem Ruder zu laufen, schon jetzt sind die Strompreise auf einem Allzeithoch. Die Bürger zahlen den Ausbau per Umlage über den Strompreis mit.
Der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Hermann Falk, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf den Ökostromrekord: "Wer jetzt wieder von einem Überangebot an Wind- und Solarenergie redet, vergisst: Es ist allenfalls zu viel Kohlestrom im Netz". Die alten Kraftwerke müssten dringend flexibler werden, damit sie an Tagen wie diesen den Erneuerbaren Energien ihre gesetzlich garantierte Vorfahrt geben können. "Für den künftigen Ausgleich von Wind- und Solarenergie brauchen wir hochflexible Kraftwerke." Die Devise müsse lauten: Flott und flexibel, statt träge und schmutzig. Braun- und Steinkohle hatte 2012 einen Anteil an der Stromerzeugung von knapp 45 Prozent, Ökostrom von 22 Prozent.
Gerade klimafreundlichere Gaskraftwerke, die aus Sicht der Bundesregierung eigentlich Atom- und mittelfristig auch schmutzige Kohlekraftwerke ersetzen sollen, rentieren sich derzeit nicht mehr.
Der Energieversorger E.ON denkt laut über Stilllegungen hochmoderner Anlagen in Bayern nach. Der billige deutsche Strom führt auch in den Niederlanden dazu, dass Gaskraftwerke vom Markt gedrängt werden. Der Stromexport in das Ausland war 2012 einer der höchsten aller Zeiten. Gaskraftwerke lassen sich schnell hochfahren und könnten daher am besten auf die wetterabhängige Ökostromproduktion reagieren.
Eine Lösungsoption wurde am Dienstag vom Europaparlament in Straßburg aber abgelehnt. Hätte es dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Markteingriff in den Emissionshandel zugestimmt, würden die Verschmutzungsrechte für jede ausgestoßene Tonne CO2 steigen. Dann dürfte die Kohlestromproduktion weniger lukrativ werden - ohne Reform droht ein Klimaschutzproblem. Im vergangenen Jahr sind die CO2-Emissionen überraschend wieder gestiegen. Trotz immer mehr Solar- und Windstrom legten sie um zwei Prozent zu.