Wie teuer wird die Energiewende? Neue Studie sorgt für Streit
Stand: 27.07.2011
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Berlin - Über die möglichen Kosten des Atomausstiegs und der daraus folgenden Umstellung auf eine nachhaltige Energieproduktion wird heftig gestritten: Am Dienstag wurde eine Studie veröffentlicht, der zufolge der angestrebte verstärkte Ausbau der erneuerbaren Energien in den kommenden zwanzig Jahren insgesamt 335 Milliarden Euro kosten soll. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) wies jedoch die Berechnungen, die von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) in Auftrag gegeben worden waren, umgehend als "unseriös" zurück.
Das von der Technischen Universität Berlin im Auftrag des vbw erstellte Gutachten basiert den Angaben zufolge auf dem Ziel der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2030 auf 50 Prozent auszubauen. Berücksichtigt wurde zudem die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vom Juli 2011, in dem die Förderung für verschiedene Energiearten festgelegt ist. Die Novelle gehört zu dem umfassenden Gesetzespaket, mit dem die schwarz-gelbe Bundesregierung nach dem überraschenden Atomausstieg ihre Energiepolitik neu ausrichtet.
Kostentreiber ist dem Gutachten zufolge die sogenannte EEG-Umlage, die zur Förderung der Erneuerbaren auf den Strompreis aufgeschlagen wird. Die derzeitige Umlage von 3,5 Cent pro Kilowattstunde könnte durch die kalkulierten Mehrkosten bis 2025 auf sechs Cent steigen, heißt es darin. Vor allem durch den angenommenen starken Ausbau von Photovoltaik und Offshore-Windkraft sei bis 2030 ein Anstieg der EEG-Kosten auf insgesamt 250 Milliarden Euro zu erwarten. Bei den weiteren erwarteten Kosten schlägt mit 40 Milliarden Euro der nötige Ausbau der Stromnetze am stärksten zu Buche.
vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt warnte mit Blick auf die Zahlen vor einer schweren Belastung der deutschen Wirtschaft. "Die Industriestrompreise in Deutschland zählen bereits jetzt europaweit schon zu den höchsten. Weitere Preissteigerungen gefährden Unternehmen und Arbeitsplätze." Er forderte, die EEG-Umlage für die gewerbliche Wirtschaft auf zwei Cent pro Kilowattstunde zu deckeln. Auch griffen die Ausnahmeregelungen für energieintensive Betriebe zu kurz.
Harsche Kritik an den Berechnungen kam von den Produzenten erneuerbarer Energien. "Isolierte Hochrechnungen voraussichtlicher Einspeisevergütungen" reichten für eine umfassende Bewertung nicht aus, erklärte der Geschäftsführer des Branchenverbands BEE, Björn Klusmann. "Das Sommerloch scheint die Kritiker einer Energiewende anzuspornen, immer neue Horrorzahlen über die vermeintlichen Kosten einer nachhaltigen Energieversorgung in den Ring zu werfen."
Klusmann verwies auf Berechnungen im Auftrag des Bundesumweltministeriums, nach denen die erneuerbaren Energien 2010 insgesamt Umweltschäden in einer Höhe von 8,4 Milliarden Euro vermieden. Dazu komme eine hohe Wertschöpfung für eine Vielzahl inländischer Unternehmen, die im Sektor der Erneuerbaren inzwischen rund 370.000 Arbeitsplätze stellten.
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