Weiterbetrieb von Biblis an Nachrüstung gekoppelt
Stand: 19.01.2011
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Wiesbaden - Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) hat den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Biblis an eine technische Nachrüstung der beiden Reaktorblöcke durch seinen Betreiber RWE geknüpft. "Vor der Inanspruchnahme des neuen Stromkontingents müssen 95 Prozent der Weimar-Auflagen für Biblis A erreicht sein." Dies teilte Puttrich am Dienstag in Wiesbaden mit. Sie nahm damit Bezug auf Auflagen, die noch Karlheinz Weimar (CDU) zu seiner Zeit als Umweltminister (1987-1991) für Block A erlassen hatte. Der Hauptteil der Nachrüstungen müsse bis 2012, der Rest in der Folgerevision bis 2013 erfolgen.
"Der verlängerte Betrieb des Kernkraftwerks Biblis hängt von der Erfüllung der Forderungen ab", betonte Puttrich. Unter anderem müssten am Maschinenhaus die Erdbebennachrüstung abgeschlossen und ein basissicherer Behälter eingebaut sowie die Krananlage im Reaktorgebäude modernisiert werden. Ein Ministeriumssprecher sagte, RWE selbst rechne mit rund 250 Millionen Euro an Kosten für die Umbauten. Sie seien zuletzt immer wieder zurückgestellt worden, da nach dem Atomkompromiss der früheren rot-grünen Bundesregierung Biblis A als einer der ersten Reaktoren abgeschaltet werden sollte. Die aktuelle schwarz-gelbe Koalition in Berlin kündigte diesen Kompromiss im vorigen Jahr auf.
Grüne wittern "Salamitaktik"
Für den Reaktorblock Biblis B sieht Puttrich ebenfalls Nachrüstbedarf. In der Revision ab Februar müsse unter anderem die Störfallsicherheit bei Erdbeben und bei Lecks in Behältern und Rohrleitungen verbessert werden. Zusätzlich pocht die Ministerin auf die Umsetzung der Auflagen des Bundesumweltministeriums. Bis 2015/2016 müsse RWE in der Speisewasserversorgung der Dampferzeuger, der Boreinspeisung zur Abschaltung des Reaktors und der Notstromkapazitäten die Reserven erhöhen. Nach dem Beschluss von CDU/CSU und FDP darf Biblis voraussichtlich bis 2018 weiterlaufen.
Die Grünen-Fraktion im Landtag warf Puttrich vor, eine "Salamitaktik" zu betreiben. Umweltexpertin Ursula Hammann sagte, die Ministerin gebe nun immerhin zu, dass Biblis nicht sicher sei, sonst seien Nachrüstungen wohl nicht erforderlich. Warum aber zunächst nur 95 und nicht 100 Prozent der Weimar-Auflagen erfüllt werden müssten, sei unklar. "Noch dubioser ist, dass die Forderungen von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erst 2015/16 umgesetzt werden sollen", sagte Hammann. Falls bis dahin eine andere Bundesregierung die Laufzeitverlängerung zurücknehme, hätte RWE wieder jahrelang Gewinne mit bereits abgeschriebenen Altmeilern machen können.
Der Atomexperte der SPD, Norbert Schmitt, nannte die Ankündigung "ein Ablenkungsmanöver der Beschwichtigungsministerin". Puttrich benutze die 20 Jahre alten Auflagen Weimars als "politisches Alibi" für den weiteren Betrieb von Biblis. Ohne externe Notstandswarte und ausreichendem Schutz gegen Flugzeugabstürze sei die Verlängerung der Laufzeit der ältesten deutschen Reaktoren "schlichtweg unverantwortlich".