Weiterbetrieb des französischen AKW Fessenheim sorgt für Streit
Stand: 08.03.2011
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Straßburg - Umweltschützer fordern, dass das pannenanfällige Kernkraftwerk Fessenheim im Elsass sofort stillgelegt wird - der staatliche französische Energiekonzern EDF hat dagegen vor, das AKW zehn weitere Jahre am Netz zu lassen. Über den ersten Punkt wird am Mittwoch das Verwaltungsgericht Straßburg entscheiden, über den zweiten im Laufe des Jahres die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN).
Der Weiterbetrieb des Meilers im deutsch-französisch-schweizerischen Dreiländereck sei längst beschlossen, sagt Jean-Marie Brom vom französischen Netzwerk für Atomausstieg (Sortir du Nucléaire). "Die Entscheidung ist rein politisch, technische Erwägungen spielen dabei keine Rolle." Der zuständige Vertreter der Regierung habe sich vor dem Straßburger Gericht klar gegen eine Schließung von Fessenheim ausgesprochen, sagt der Vorsitzende des trinationalen Atomschutzverbandes TRAS, Jürg Stöcklin. "Und dem wird das Gericht sicherlich folgen."
Auch die Entscheidung der Aufsichtsbehörde steht nach Überzeugung der Atomkraftgegner längst fest. Schließlich habe sich die ASN schon vor der Zehn-Jahres-Inspektion im vergangenen Jahr für einen Weiterbetrieb des Atomkraftwerks ausgesprochen, sagt Stöcklin.
Die Atomaufsicht stehe "unter dem Kommando der Regierung", klagt auch die französische Umweltanwältin und Europaabgeordnete Corinne Lepage. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Behörde eine Laufzeitverlängerung ablehnt", sagt die Juristin, welche die Klage der TRAS-Atomkraftgegner aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz vor dem Straßburger Gericht erarbeitet hat. Dabei habe selbst der Regierungsvertreter eine Reihe von Mängeln eingeräumt - etwa den unzureichenden Schutz der Anlage vor Überschwemmungen.
AKW ist besonders störanfällig
In der Tat gilt der Atommeiler im Elsass, dessen zwei Druckwasserreaktoren 1977 und 1978 in Betrieb genommen wurden und damit die ältesten in Frankreich sind, als besonders störanfällig. Bereits bei einer Großinspektion 1999 wurden deutliche Zeichen von Materialermüdung festgestellt, unter anderem am Reaktorbehälter, dem Herz der Anlage. Seither wurden zahlreiche weitere sicherheitsrelevante Pannen gemeldet.
Dennoch hat EDF eine Verlängerung der Betriebsdauer von Fessenheim auf 40 Jahre beantragt - und schon vor der offiziell noch ausstehenden Entscheidung der ASN umfangreiche Investitionen angekündigt. Noch in diesem Jahr sollen in die veraltete Anlage mehr als 200 Millionen Euro gepumpt werden, unter anderem für den Austausch von drei Dampfgeneratoren. "Damit werden bereits Tatsachen geschaffen", befürchtet TRAS-Präsident Stöcklin.
Pessimistisch sind die Atomkraftgegner auch wegen der großen Zustimmung der französischen Öffentlichkeit zur Kernenergie. Schließlich decken die 58 Reaktoren des Landes rund drei Viertel des Strombedarfs. Die Franzosen bekämen seit Jahrzehnten zu hören, dass es ohne Atomenergie nicht gehe, sagt Brom vom Dachverband Sortir du Nucléaire. Kritische Stimmen würden "betäubt", klagt Anwältin Lepage.
Laufzeitverlängerung soll deutliche Einsparungen bringen
Der Stromriese EDF erhofft sich von einer verlängerten Betriebsdauer seiner Atomkraftwerke Einsparungen in Milliardenhöhe. Der Konzern deutet bereits an, dass sogar Laufzeiten von 60 Jahren möglich sind. Dafür spricht aus Sicht des Konzerns auch, dass sich der Bau der nächsten Reaktorgeneration als langwieriger und teurer entpuppt als angenommen.
In einem Bericht vom Juli gab das Unternehmen zu, dass der Bau des Europäischen Druckwasserreaktors (EPR) in Flamanville am Ärmelkanal fünf Milliarden Euro kosten wird - statt der zunächst veranschlagten 3,3 Milliarden Euro. Außerdem wird er frühestens 2014 ans Netz gehen, mindestens zwei Jahre später als ursprünglich geplant.