Berlin (dpa) - Angesichts der Forderungen aus Union und Energiekonzernen nach einem Ende des Atomausstiegs drohen die Grünen mit einer deutschlandweiten Kampagne gegen die Kernkraft. Bundestagsfraktionschefin Renate Künast kündigte im "Tagesspiegel" (Freitag) an, den Widerstand "auch auf die Straße" zu tragen. Auch die Deutsche Energie-Agentur (DENA) warnte vor der Atomkraft.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte der "Frankfurter Rundschau" (Freitag): "Wer jetzt zur Kernkraft zurückkehren will, ruft zu Investitionszurückhaltungen in moderne Technologien für saubere Kohle- und
Gaskraftwerke auf." Die Unionsforderung nach einer Verlängerung der Restlaufzeiten für bestehende Atomkraftwerke (AKW) bezeichnete Steinmeier als "einfallslos". Damit würde auch mehr Wettbewerb auf dem Energiesektor verhindert.
Die Grünen planen dem "Tagesspiegel" zufolge neben einer Anzeigenkampagne und der Verbreitung von Argumentationspapieren auch Aktionsveranstaltungen in Regionen mit Reaktoren und an geplanten Atommüll-Endlagerstandorten. "Wir werden den Widerstand gegen die Atomlobby flächendeckend organisieren, von Neckarwestheim über Biblis, Brunsbüttel bis Gorleben", sagte Künast.
Der DENA-Geschäftsführer Stephan Kohler konstatierte in der 3Sat- Sendung "nano", die am Freitag ausgestrahlt werden sollte: "Kernenergie ist nicht sicher, denn es gibt weltweit keinen Reaktor, bei dem bei einem Störfall nicht auch radioaktive Stoffe austreten könnten, und wir haben weltweit keine sicheren
Endlager." Die Bedeutung der Kernkraft für den Klimaschutz werde weit überschätzt. "Es gibt bessere Möglichkeiten wie Energieeffizienz, wie
regenerative Energien, wie hocheffiziente Kohle- und Erdgaskraftwerke."
In der Unionsspitze wird laut "Financial Times Deutschland" (Freitag) damit gerechnet, dass die SPD nach der Bundestagswahl 2009 einer Verlängerung der AKW-Laufzeiten zustimmt. Auf Dauer sei es im Interesse des Klimaschutzes und der Energiesicherheit nicht durchzuhalten, die letzten Meiler schon 2021 abzuschalten, zitierte die Zeitung ungenannte Unionskreise. Allerdings werde die SPD ihre Position nicht vor der Wahl räumen, und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde sich an den Koalitionsvertrag halten.
Der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf sagte, über die Laufzeitverlängerung "muss auch im Wahlkampf gesprochen werden, weil
Energie für die Menschen bezahlbar bleiben muss". Die Kernkraft sei aber in diesem Kontext nur ein wichtiges Thema unter vielen, fügte er in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag) hinzu.