Vattenfall entlässt Atom-Chef nach AKW-Pannen
Stand: 16.07.2007
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Hamburg/Kiel (dpa) - Nach dem Informations-Desaster um die Pannen in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel hat der Energiekonzern Vattenfall Europe personelle Konsequenzen gezogen. Das Unternehmen trennte sich vom Chef seiner Atom-Sparte, Bruno Thomauske. Das teilte die deutsche Vattenfall-Zentrale am Montag in Hamburg "in enger Abstimmung mit der schwedischen Muttergesellschaft" mit. Thomauske bekommt keine neuen Aufgaben und verlässt den Konzern. Zudem erklärte Konzernsprecher Johannes Altmeppen seinen Rücktritt.
Vattenfall will die Vorgänge unabhängig von den Untersuchungen der Behörden durch eine Gruppe hochrangiger Vertreter aus Technik und Wissenschaft analysieren lassen. "Die Empfehlungen der Gruppe werden wir lückenlos umsetzen", versprach der Konzern. Für die Arbeit der Experten wird das Unternehmen fünf Millionen Euro bereitstellen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnte die vom Konzern angebotene Mitarbeit eines Experten seines Hauses in dem Gremium "aus Gründen der Unabhängigkeit der Atomaufsicht" ab.
Der Konzern will mit dem Maßnahmenpaket "verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Wir werden alles tun, um die Fehler und Versäumnisse für die Zukunft auszuschließen." Thomauskes Aufgaben wird bis auf weiteres Kraftwerksvorstand Reinhardt Hassa übernehmen. Sprecher Altmeppen wird kommissarisch durch den Leiter des Konzernbereichs Politik und Gesellschaft, Rainer Knauber, ersetzt.
Gabriel erklärte: "Es ist höchste Zeit, dass sich Vattenfall nun endlich offensiv an der notwendigen Aufklärung der Vorfälle in Krümmel und Brunsbüttel beteiligen will." Den Vorschlag zur Gründung einer Expertengruppe wertete er "als Einstieg in die Diskussion darüber, dass ältere Atomkraftwerke früher vom Netz gehen" sollten. Ihre Restlaufzeiten sollten auf jüngere Anlagen übertragen werden - "so wie es im Atomkonsens mit den Betreibern vereinbart wurde". Die Stromkonzerne versuchen dagegen, gerade ältere Kraftwerke wie Biblis A länger am Netz zu lassen.
Thomauske ist aus Sicht der Bundestags-Grünen ein "Bauernopfer". Ihr energiepolitischer Sprecher Hans-Josef Fell schrieb in einer Mitteilung, mit der Personalie solle der notwendige Lizenzentzug für Krümmel und Brunsbüttel verhindert werden. "Es ist unverantwortbar, dass die für die schlechte Sicherheitskultur Vattenfalls verantwortlichen Chefs (Klaus) Rauscher und (Lars Göran) Josefsson im Amt bleiben." Greenpeace äußerte sich ähnlich.
Experten der Atomaufsicht befragten am Montagnachmittag den Reaktorfahrer und andere Mitarbeiter des Meilers Krümmel zu der Pannenserie Ende Juni. Es ging unter anderem um Probleme der internen Kommunikation. "Das Gespräch ist ein weiterer Mosaikstein in der Aufklärung des Geschehens", sagte der Sprecher des für Reaktorsicherheit zuständigen Kieler Sozialministeriums, Oliver Breuer. Auch das Bundesumweltministerium schickte Experten. Das Treffen fand mit Rücksicht auf die Zeugen an einem geheimen norddeutschen Ort statt.
Vattenfall hatte am Freitag im Internet einen Zwischenbericht zu den Zwischenfällen in Krümmel veröffentlicht. Vor zweieinhalb Wochen hatte dort ein Trafo-Brand mit einem Kurzschluss eine Reaktor- Schnellabschaltung ausgelöst.
Unabhängig von den jüngsten Pannen wird die Internationale Atomenergiebehörde IAEA Mitte 2008 die deutsche Atomaufsicht unter die Lupe nehmen. Laut Bundesumweltministerium wird seine Aufsichtstätigkeit und die des Landes Baden-Württemberg zwei Wochen lang von einem Expertenteam ausländischer Behörden geprüft.
Die Vorfälle im Atomkraftwerk Krümmel und die Informationen dazu
Beim Brand eines Transformators im Atomkraftwerk (AKW) Krümmel bei Hamburg hat es eine Reihe von Pannen gegeben, die ers