Umweltschützer fordern Abschaltung von acht Atomkraftwerken
Stand: 07.08.2009
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Berlin - Aus der Sicht von Umweltschützern sollten die acht ältesten Atomkraftwerke (AKW) umgehend und endgültig vom Netz genommen werden. Zur Begründung führten sie am Donnerstag "erhöhte Sicherheits-Risiken" an. Die übrigen neun der noch 17 Atommeiler sollten deshalb nicht länger laufen, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger, bei Vorlage einer Studie. Mit einer Demonstration am 5. September in Berlin wollen Bürgerinitiativen und Umweltschützer einen Anti-Atomenergiekurs einfordern.
Der könnte verstärkt werden durch die teils ungeklärte, teils unsichere Entsorgung des Nuklearmülls. Während in Hannover der Untersuchungsausschuss zum einsturzgefährdeten Atommüll-Lager Asse erste Zeugen befragte, forderten die Umweltschützer von Greenpeace, einen solchen Ausschuss auch im Bundestag einzurichten. "Hier könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel als Zeugin zur Aufklärung beitragen", sagte Mathias Edler von Greenpeace der Deutschen Presse- Agentur (dpa). Die frühere CDU-Umweltministerin sei schon im Februar 1996 vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) über das Gefährdungspotenzial des maroden Bergwerks bei Wolfenbüttel für die Bevölkerung informiert worden. Die große Koalition im Bund hat bisher einen auch von den Grünen und Linken verlangten Untersuchungsausschuss abgewehrt. Ein Regierungssprecher sagte auf Anfrage lediglich: "Die Einsetzung von Untersuchungssausschüssen gehört zu den Rechten des Bundestages."
Über die Gefahren der Asse hatte das Strahlenschutzamt am 29. Februar 1996 das damals von Merkel geleitete Bundesumweltministerium in einem der dpa vorliegenden Schreiben unterrichtet. "Käme es zum Absaufen der Grube, wären Strahlenexpositionen weit über den (...) Grenzwerten nicht auszuschließen", heißt es darin. Greenpeace sieht Merkel damit als "Schlüsselfigur" bei der Aufklärung der Pannen in den verschieden Lagerstätten Asse und Morsleben (ehemals DDR).
Von den geforderten acht AKW-Sofort-Stilllegungen wären laut BUND alle großen Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW betroffen. Dabei geht es um folgende Meiler: Biblis A (35 Jahre alt) und Biblis B (33) in Hessen, Brunsbüttel (33) und Krümmel (26) in Schleswig-Holstein, Unterweser (31) in Niedersachsen, Isar I (32) in Bayern sowie Neckarwestheim I (33) und Philippsburg I (30) in Baden-Württemberg.
Die Risiken gerade der Altanlagen lägen nicht nur in terroristischen Angriffen, sondern auch im Unterlassen laufender Überprüfungen, erläuterte die Physikerin Oda Becker als Verfasserin der "Studie zu den Gefahren der Laufzeitverlängerungen". Es sei internationaler Standard, alle Komponenten zu überwachen. "Das ist in Deutschland nicht der Fall." Hier werde Material aus Kostengründen erst ersetzt, nachdem Schäden wie in Brunsbüttel und Krümmel wie seit 2007 offensichtlich würden. Es fehle ein Alterungsmanagement, das Risse, Materialermüdung oder Veränderungen elektrischer Prozesse frühzeitig aufspüre. Nachrüstungen durch die Betreiber seien entweder unzureichend oder unterblieben oft aus Kostengründen.
Es gebe weitere Gefährdungen, die für Altanlagen die Stilllegung rechtfertigten, heißt es in der Studie: "Das wäre in Biblis das Erdbebenrisiko, in Neckarwestheim das Risiko eines Erdeinbruchs und in Unterweser das Hochwasser-Risiko." In Philipsburg habe die Kontrollbehörde aufgrund eines Unternehmer-Hinweises bestätigt gefunden, dass Besucher unkontrolliert Material aufs Gelände bringen könnten, berichtete Becker, die auch Gutachterin für das österreichische Umweltministerium war.