Suche nach neuen Endlagern billiger als Gorleben-Ausbau
Stand: 01.12.2011
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Berlin - 1,6 Milliarden Euro wurden bislang in das umstrittene Endlager Gorleben gesteckt. Mit diesem Geld könnten vier alternative und eventuell besser geeignete Orte gleichzeitig erkundet werden. Schätzungen gehen von rund 400 Millionen Euro pro neuem Standort aus.
Die neue Suche nach einem Atommüll-Endlager könnte mit 400 Millionen Euro pro Standort deutlich günstiger werden als die bisherige Erkundung des Salzstocks Gorleben. Nach früheren Schätzungen des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) müssten pro Standort 50 Millionen für die oberirdische Prüfung, 250 Millionen für die Arbeit unter Tage und 100 Millionen für Projektorganisation und die Beteiligung der Bürger eingeplant werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
Baden-Württemberg hatte vorgeschlagen, bis zu vier Standorte zu prüfen. Dies würde 1,6 Milliarden Euro kosten - in etwa die gleiche Summe hat bisher der ganze, 1977 gestartete Erkundungsprozess in Gorleben gekostet. Die Schätzungen stammen aus dem Jahr 2003, als es erstmals unter Rot-Grün entsprechende Überlegungen für einen Neustart gab. "Ob damalige Überlegungen auf die heutigen Verhältnisse übertragbar wären, kann insbesondere auch von den festzulegenden Rahmenbedingungen abhängen", heißt es in der Antwort.
Schluss mit sinnloser Geldverschwendung
"Mit dem Geld, das bisher in Gorleben versenkt wurde, könnte man vier Standorte parallel erkunden", sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl. "Ein Grund mehr, die Endlagersuche möglichst schnell anzugehen und nicht noch mehr Geld sinnlos in Gorleben zu versenken. Wir brauchen einen Baustopp in Gorleben." Bund und Länder wollen bis zum Sommer 2012 ein Endlagersuchgesetz auf den Weg bringen.
Gorleben soll bei der neuen Suche als möglicher Standort für die Endlagerung der erwarteten rund 29 000 Tonnen an hochradioaktivem Müll im Spiel bleiben und parallel zum Neustart weiter erkundet werden. Am Donnerstag berät eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen bei dem Neustart. Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) hatte mit Blick auf die Proteste gegen den Castor-Transport nach Gorleben betont: "Wir müssen sehr ernsthaft über ein Erkundungsmoratorium nachdenken."
Wenige verdienen sich eine goldene Nase
Von 1977 bis 2010 fielen laut Bundesregierung für die Prüfung des Salzstocks Gorleben Kosten in Höhe von 1,559 Milliarden Euro an. Auf Bund und Länder und damit den Steuerzahler entfielen 142 Millionen Euro (9,1 Prozent), der Rest wurde von der Atomindustrie bezahlt. Das Erkundungsbergwerk liegt nahe des oberirdischen Zwischenlagers, in dem nun 113 Atommüll-Behältern auf die Endlagerung warten.
Der Atomausstieg wird auch für den Bund teuer und mindestens vier Milliarden Euro kosten. Die Kosten für Stilllegung, Rückbau und Endlagerung der kerntechnischen Anlagen im Geschäftsbereich des Bundesforschungsministeriums werden für die Zeit von 2011 bis 2035 auf insgesamt rund 3,2 Milliarden Euro geschätzt, hinzu kommt eine Milliarde Euro durch die Abwicklung von DDR-Atomanlagen durch die dem Bund gehörenden Energiewerke Nord. "Dazu kommen weitere Milliarden für die Asse und Morsleben", sagte Kotting-Uhl. Das sei eine Menge Geld, die in anderen Bereichen fehle. "Seit Jahrzehnten verdienen sich mit der Atomkraft einige wenige eine goldene Nase, während wir alle die Risiken und Kosten tragen", kritisierte Kotting-Uhl.
Gorleben nicht terrorsicher
Der hochradioaktive Müll im niedersächsischen Zwischenlager Gorleben ist zudem offenbar nicht ausreichend gegen Terroranschläge abgesichert. Das gehe aus einem Schreiben des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz an die Umweltschutzorganisation Greenpeace hervor, berichtet die "Bild"-Zeitung.
In dem Schreiben heißt es, neuere "Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten" für den Fall eines terroristischen Anschlags oder sonstiger "Einwirkungen Dritter" könnte die "Freisetzung von großen Mengen radioaktiver Stoffe" zur Folge haben. Zur "Erhaltung des neu definierten Schutzzieles" seien deshalb dringend bauliche Maßnahmen an dem Atommüll-Zwischenlager erforderlich.