Studie: Europas Abhängigkeit von russischem Gas wächst stark
Stand: 15.01.2009
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Düsseldorf - Europas Abhängigkeit von russischem Gas und Gasimporten aus anderen Regionen der Welt nimmt einer Studie zufolge in den nächsten Jahren kräftig zu. Der Importbedarf in der EU werde bis 2020 um knapp 70 Prozent auf 515 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens A.T. Kearney hervorgeht. Hauptgrund sei der Bau zahlreicher Gaskraftwerke zur Stromerzeugung bei einem gleichzeitigen Rückgang der Gasförderung in der EU. Wenn auf russischer Seite die Förderkapazitäten nicht ausgebaut würden, müsse in den kommenden Jahren mit Lieferengpässen gerechnet werden. Erschwerend komme hinzu, dass der Eigenbedarf Russlands bei Gas ebenfalls stetig zunehme.
"Insbesondere durch die Gasverstromung ist der Gasverbrauch in den letzten Jahren enorm gewachsen", erklärte der Leiter der Studie, Florian Haslauer. Der Gasverbrauch zur Stromerzeugung in der EU sei von 2000 bis 2007 um rund 32 Prozent auf 182,7 Milliarden Kubikmeter im Jahr gestiegen. Allein in Deutschland habe der Gasverbrauch zur Stromerzeugung um 58 Prozent auf 26,1 Milliarden Kubikmeter im Jahr zugenommen. A.T. Kearney geht davon aus, dass nach den bisherigen Plänen der Energiekonzerne die Leistung der Gaskraftwerke in der EU bis 2020 auf 328 Gigawatt ausgebaut wird. Das würde einen Anstieg um 87 Prozent gegenüber 2005 bedeuten. Der Anteil der Gaskraftwerke an der Stromerzeugung in EU würde damit auf 32 Prozent weiter steigen.
Die derzeitigen Pipeline-Kapazitäten von Russland nach Europa reichten nicht mehr aus. Das russisch-deutsche Nordstream-Projekt, die russisch-italienische Southstream-Pipeline und die Nabucco- Pipeline von der Türkei nach Österreich könnten die Infrastruktur wesentlich verbessern. Durch die neuen Pipelines könnte der Import aus Russland von 121 Milliarden Kubikmeter pro Jahr bis 2020 auf bis zu 193 Milliarden Kubikmeter jährlich anwachsen. Außerdem seien neue Rohrleitungskapazitäten für 22 Milliarden Kubikmeter pro Jahr für Gas aus Nordafrika nötig. Zusätzlich sollte der Import von Flüssiggas, das mit Schiffen transportiert wird, um 114 Milliarden Kubikmeter pro Jahr gesteigert werden. Dazu gebe es bereits Projekte. Bisher würden 47 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas pro Jahr in die EU importiert.
Um die Abhängigkeit von Russland zu verringern, sei es notwendig, alternative Gasbezugsquellen zu erschließen, die Lager auszubauen sowie den Ausbau alternativer Energiequellen zu beschleunigen. Zudem könnten die Einrichtung einer internationalen Gaskoordinierungsstelle und eine einheitliche europäische Energiepolitik die Risiken für die Gasversorgung in Europa nachhaltig reduzieren, riet A.T. Kearney.