Berlin (dpa) - Die Stromwirtschaft droht kurz vor der Entscheidung des Bundestags über den Emissionshandel mit einem Strompreisanstieg wegen der geplanten Versteigerung von Verschmutzungsrechten. Die angestrebte Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes sei in der Handelsperiode 2008 bis 2012 technisch nicht machbar, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Elektrizitätswirtschaft, Eberhard Meller, am Mittwoch in Berlin. Die Stromunternehmen müssten deshalb verstärkt Rechte für die Emission von Kohlendioxid (CO2) zukaufen. Die wachsende Nachfrage könne die Zertifikatspreise in die Höhe treiben und die Strompreise belasten. Außerdem sorgt die Verweigerung von Sonderrechten für die Braunkohle für Streit.
Im Sinne des Klimaschutzes sollen
Stromversorger vom kommenden Jahr an erstmals Verschmutzungsrechte ersteigern - 40 von 453 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Die Industrie bleibt ausgenommen. Der Bundestags-Umweltausschuss gab am Mittwoch mit den Stimmen der Koalition grünes Licht für den Gesetzentwurf, der die Zuteilung der
Zertifikate für Industrie und Energieversorger von 2008 bis 2012 regelt. Bisher wurden die Rechte kostenlos vergeben, künftig sollen fast zehn Prozent versteigert oder zunächst verkauft werden. Der Bundestag entscheidet an diesem Freitag über den Emissionshandel und die Verwendung der Einnahmen, die auf bis zu 4,5 Milliarden Euro geschätzt werden. Am Dienstag kostete ein Zertifikat für eine Tonne im Terminhandel der Leipziger
Strombörse etwa 22 Euro.
Eine Bevorzugung der Braunkohle über Sonderrechte bei den Emissionen soll es nicht geben. "Damit nimmt die SPD in Kauf, die Rolle der Braunkohle deutlich zu schwächen und Arbeitsplätze in den neuen Ländern und in Nordrhein-Westfalen zu gefährden", kritisierte Unionsfraktionsvize Katherina Reiche (CDU). Die SPD verteidigte den Beschluss. Die Braunkohle bleibe wegen ihrer Kostenvorteile gegenüber den weniger klimaschädlichen Brennstoffen
Gas und Steinkohle wettbewerbsfähig, sagte der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe. Die nordrhein-westfälische CDU/FDP-Regierung, die wie der Bundesrat Sonderregeln für Braunkohle fordert, hatte sich verärgert gezeigt.
Die Bundestagsopposition lehnt die Pläne zum Emissionshandel ab. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn und FDP-Umweltpolitiker Michael Kauch warfen der Bundesregierung vor, Braunkohlekraftwerke über die Annahme höherer Betriebsstunden als Steinkohleanlagen zu bevorteilen. "Die Bevorzugung der klimaschädlichen Braunkohle wird mit der neuen Vorlage noch verschärft", sagte Höhn. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte den Kompromiss begrüßt. Damit könnten die Klimaschutzziele aus dem Kyoto-Protokoll erreicht werden.