Frankfurt/Main (AFP) - Die in die Kritik geratene Leipziger Strombörse (EEX) hat sich gegen den Vorwurf der Preistreiberei zur Wehr gesetzt. "Das Geschehen an der Börse läuft ordnungsgemäß ab", sagte der Vorstand der Strombörse, Hans-Bernd Menzel, am Dienstag in Frankfurt am Main. Insider hatten per E-Mail vertrauliche Handelsdaten lanciert, die angeblich beweisen, dass die großen Stromproduzenten wie RWE die Preise durch eine künstliche Verknappung des Angebotes in die Höhe treiben. Die Börse und die Energiekonzerne bestreiten dies. Die Strombörse hat inzwischen Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Leipzig gegen den anonymen Absender der E-Mail gestellt.
Die
Strombörse stehe unter Aufsicht der EU-Kommission, der Netzagentur und des Kartellamtes, sagte Menzel. Die nun zitierten Handelsdaten der großen Versorger hätten allen Behörden vorgelegen und keine sei zu dem Schluss gekommen, dass die
Energiekonzerne die Preise manipulierten. Doch schon im Dezember hatten Ermittler der EU-Kommission und des Bundeskartellamtes bei einer Razzia die Büros der vier größten deutschen Energiekonzerne Eon,
RWE, Vattenfall und EnBW durchsucht. Brüssel verdächtigt die Konzerne, dass sie ihre Preise absprechen und die Kunden daher zu viel bezahlen. Die neuen Vorwürfe zielen in die selbe Richtung. "Wir haben uns die Liste angeschaut", sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamtes. Die EU-Kommission werde die angebliche Manipulation an der Strombörse ebenfalls untersuchen.
Die Vorwürfe seien nicht neu und richteten sich auch nicht gegen die Strombörse selbst, sondern gegen die Marktteilnehmer, betonte der Energieexperte des
Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzba), Holger Krawinkel, im Nachrichtensender n-tv. Dass die Börse nicht richtig funktioniere und die Preise nach oben getrieben werden könnten, läge daran, dass es zu wenige Anbieter gebe. Nur jede zehnte
Kilowattstunde Strom wird in Deutschland an der Börse gehandelt. "Für Verbraucher und Wirtschaft ist es absolut irrelevant, ob direkt oder im Umfeld der Börse getrickst und manipuliert wird", erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn. Der "Abzockementalität von RWE, Eon & Co." müsse dringend ein Riegel vorgeschoben werden.
RWE hatte die Anschuldigungen bereits zurückgewiesen. Im vergangenen Jahr habe der heiße Sommer dazu geführt, dass einige Kraftwerke nicht die volle Leistung bringen konnten. Hinzu kam der Ausfall des Kernkraftwerkes Biblis. Das knappe Angebot habe die Preise steigen lassen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen die Energiekosten im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent.
Einer Studie der TU Dresden zufolge lagen die Energiepreise in den vergangenen zwei Jahren ein 20 bis 25 Prozent zu hoch. Verbraucherschützer gehen davon aus, dass Privathaushalte und Betriebe jährlich 13,5 Milliarden Euro zu viel für ihren Strom zahlen. Der Dresdner Energiewirtschaftsprofessor Christian von Hirschhausen geht jedoch davon aus, dass die Preise mit zunehmendem Wettbewerb sinken. Die derzeitigen überhöhten Preise seien normal auf dem Weg vom Monopol zum Wettbewerb, sagte Hirschhausen dem MDR. Für einen intensiveren Wettbewerb sei jedoch die Trennung von Stromnetzen und Stromerzeugern notwendig. "Wenn Stromanbieter und Netzanbieter in einer Hand liegen, ist das so, als wenn Lok Leipzig zum Spiel gegen Dynamo Dresden seinen eigenen Schiedsrichter mitbringt."