Rom (dpa) - Stromausfälle erst in New York und London, dann in Skandinavien und jetzt in ganz Italien: Der bislang schwerste Blackout hat am Sonntagmorgen 56 Millionen Italiener getroffen. Von Mailand bis Palermo stellten gestern die Menschen auf dem Stiefel beim Aufwachen fest, dass nichts mehr ging: Kein Licht, kein Fernseher, kein Internet - in den Bars gab es nicht mal Capuccino. Nur weil es Sonntag war, fiel das große Chaos aus. Experten sehen die Ursache unter anderem in der Privatisierung, die eine sichere Versorgung wegen des wirtschaftlichen Drucks vernachlässige.
Zwar hatten bis zum Abend noch längst nicht alle Menschen in Süditalien wieder
Strom, der Zugverkehr lief schleppend an, und auch auf den Flughäfen gab es noch Probleme. "Doch wenn es ein normaler Arbeitstag gewesen wäre, hätte es viele schlimmer ausgesehen", sagte Guido Bertolaso, Chef des nationalen Zivilschutzes erleichtert.
Am Montagmorgen gab es im ganzen Land wieder Strom. Das nationale Energieversorgungs-Unternehmen ENEL teilte mit, auch in
Sizilien sei
die Versorgung wieder hergestellt. Zugleich gibt es erste Schuldzuweisungen. Die Opposition wirft der Regierung vor, den Bau neuer Kraftwerke vernachlässigt zu haben. Auch Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi plädierte für den Bau
neuer Kraftwerke, um solche Pannen zu vermeiden.
Im ganzen Land habe es keine Toten und keine Verletzen gegeben, keine Panik und keine Plünderungen. In den meisten Krankenhäusern sei der Notstrom geflossen, in einigen seien dringende Operationen glatt über die Bühne gegangen. «Dank an die Italiener», berichtete Bertolaso. «Sie haben sich prima verhalten.» Dabei war das Ausmaß noch größer als vor einigen Wochen in den USA: Dort saßen nämlich «lediglich» 50 Millionen Menschen im Dunklen.
Als in "tutta Italia" um etwa halb vier morgens der Strom wegblieb, lag das Land in tiefem Schlaf. Nur in Rom waren Hunderttausende auf den Beinen, um "notte bianca" zu feiern, die "weiße Nacht", in der Discos, Bars und Kinos sowie Museen rund um die
Uhr göffnet hatten. Doch als in den Discos die Musik plötzlich stumm war, nahmen die jungen Leute das mit Fassung und feierten auf der Piazza weiter. Bürgermeister Walter Veltroni: "Es bestand zu keiner Zeit eine Gefahr für die Menschen."
Zwölf Stunden nach dem Blackout war die
Stromversorgung in weiten Teilen Norditaliens wieder hergestellt, auch in Rom. In Sizilien und in Kalabrien, in den Regionen um Neapel und um Rom gab es allerdings noch teilweise erhebliche Probleme.
In Rom blieben in der Nacht einige U-Bahn-Züge stecken und die Feuerwehr führte verängstigte Menschen aus den stockdunklen Metro-Stationen ins Freie. Auf dem römischen Bahnhof Termini legten sich Tausende junger Nachtschwärmer zum Schlaf: Einigen blieb später nur übrig, statt mit der Eisenbahn einen Bus nach Hause zu nehmen. 30.
000 Menschen strandeten offiziellen Angaben zufolge in Zügen, in
Südtirol musste sogar ein Zug aus einem Tunnel geschleppt werden.
Betroffen war auch der Bahnverkehr zwischen der Schweiz und Italien. Nachtzüge nach München hatten mehrere Stunden Verspätung. Telefone und Handys funktionierten weitgehend trotz des Stromausfalls, auch Radiosender waren zu empfangen. Frankreich ist
Europas größter Stromexporteur, Italien der größte Importeur. Die Abhängigkeit von französischen Lieferungen zeigte sich bereits im Juli: Als
Kühlschränke und Klimaanlagen wegen der sommerlichen Hitze den Verbrauch in die Höhe trieben und gleichzeitig Frankreich wegen Eigenbedarfs seinen Export einschränkte, brach das italienische Netz zusammen.
Die Ursache des Blackouts ist noch unklar. Zunächst hieß es, der Energieimport aus Frankreich sei unterbrochen worden. «Vermutlich hat ein Blitz zwei Hochspannungsleitungen zwischen beiden Ländern getroffen.» Dies habe das italienische Netz vom Rest des europäischen Stromverbunds abgeschnitten. Zeitweise gab es sogar einen Streit um die Schuldfrage zwischen dem französischen Energieunternehmen RTE
und den Italienern.
Am Abend verlautete aus Genf, vielleicht habe die Ursache in der Schweiz gelegen. Nach
Angaben der Aare-Tessin AG für Elektrizität (atel) war gegen 3.00 Uhr eine Höchstspannungsleitung mit 380 000 Volt über den Lukmanierpass ausgefallen.
Dabei handelt es sich zwar um eine innersch