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Strom direkt aus dem Meer: erstes Wellenkraftwerk eingeweiht

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Mutriku/Heidenheim/Dresden - In Nordspanien wird das Meer zur Stromerzeugung genutzt, dort geht das erste kommerzielle Wellenkraftwerk ans Netz. Experten zufolge steckt die Technik aber noch in den Kinderschuhen.

Wellen krachen gegen das weißgraue, massive Bauwerk vor dem Hafen von Mutriku im nordspanischen Baskenland. Ein scheinbar unauffälliger Betonklotz neben der Hafenmole. Doch er hat es in sich: Dort verbergen sich 16 Turbinen, die nur auf die nächste Welle warten, denn sie verwandeln sie in Strom. Am Freitag ist es soweit: Das nach Firmenangaben erste kommerziell genutzte Wellenkraftwerk geht ans Netz.

Seine Dimensionen lassen eine Energiewende mit Hilfe der Weltmeere allerdings zunächst wenig realistisch erscheinen. Die Turbinen versorgen mit ihrer Leistung von 300 Kilowatt gerade mal rund 250 Haushalte mit Strom, erläutert der Bauherr EVE (Ente Vasco de la Energia). "Die Größe lässt noch keine Aussage zu, ob das einer der wichtigen Energieträger der Zukunft ist", sagt Wellenkraftexperte Kai-Uwe Graw von der Technischen Universität Dresden. "Die ersten Windräder waren auch verhältnismäßig klein."

Wellenkraftwerke haben großes Potenzial

"Das Potenzial der Energiegewinnung aus Wellen ist gigantisch", ist sich Roland Münch, Chef von Voith Hydro, hingegen sicher. Die Sparte des Heidenheimer Anlagenbauers hat die sogenannten Wellsturbinen geliefert, die nun in Mutriku laufen. Wellenkraft sei die interessanteste aller Arten, aus Weltmeeren und deren Strömungen Energie zu gewinnen. Voith hat dabei selbstredend ganz handfeste Interessen, auch wenn in Nordspanien nur 6,7 Millionen Euro investiert wurden. Die Heidenheimer sind einer der Weltmarktführer bei der Wasserkraft - wo sonst viel größere Projekte wie Staudämme gestemmt werden.

Seit Jahrzehnten tüfteln Wissenschaftler und Ingenieure daran, wie der Wellengang genutzt werden kann. "In der Anfangszeit haben sich viele Firmen daran ausprobiert, dann aber wegen fehlender Marktchancen einen Rückzieher gemacht", sagt Hydromechanikprofessor Graw. Tatsächlich ist zumindest in Deutschland, das sich ja als Vorreiter in Sachen Energiewende sieht, kein Einsatz vorstellbar. "Die Küsten von Nord- und Ostsee eignen sich nicht", sagt Graw.

Atlantikküsten am besten geeignet

Optimal hingegen sieht es an den Atlantikküsten von Schottland, Norwegen, Portugal oder eben auch Spanien aus. "Ob Mutriku wirklich unter kommerziellen Bedingungen funktioniert, müssen die jetzt aber erst einmal beweisen", sagt Graw. Technisch läuft es jedenfalls, die Methode nennt sich "Oszillierende Wassersäule" (OWS). Die Wellen schwappen unter der Wasseroberfläche in eine Kammer und produzieren dadurch einen Luftzug, der wiederum die Turbine antreibt. Weil es in Mutriku eine Wellsturbine ist, dreht die sich immer in der gleichen Richtung. Es ist also egal, ob die Welle gerade raus- oder reinschwappt.

Wellenkraftexperte Graw ist hin- und hergerissen, wenn es um eine Prognose für die Wellenkraft geht. Aussagen, in den Weltmeeren stecke bis zu ein Drittel des weltweiten Strombedarfs, will er nicht kommentieren. Neben der Wellenkraft sei die Nutzung der Gezeiten ja schon gängig. "Die Möglichkeiten sind riesig, das stimmt. Aber wie lange es dauert, sie wirklich auszunutzen, lässt sich nicht eindeutig bestimmen."

Auch deutsche Energiekonzerne arbeiten neben den Offshore-Parks an Möglichkeiten, sich die Weltmeere zunutze zu machen. RWE Innogy etwa will an Schottlands Küste ein 4-Megawatt-Wellenkraftwerk installieren. Vorbilder wie Mutriku sind da nicht ungeeignet. Der weißgraue, spitzzulaufende Klotz sollte so oder so gebaut werden - als Wellenbrecher und Schutz für den dahinter liegenden Hafen der baskischen Stadt.