Streit um Emissionzertifkate
Stand: 22.09.2008
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin (dpa) - Die in Europa geplanten Klimaschutz-Auflagen für Kraftwerke werden nach Angaben der Branche die Strompreise für die Haushalte weiter nach oben treiben. Die volle Versteigerung von Kohlendioxid-Zertifikaten von 2013 an erhöhe zunächst die Belastung der Betreiber um 12 Milliarden Euro, berichtete der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag.
Der Energieverband warnte zugleich, es könnten sich Engpässe beim Strom aus alten Kohle- und Gaskraftwerke auftun, sofern diese in Folge der Verschärfung des Emissionshandels vorzeitig geschlossen werden, "ohne dass zeitgleich neue Anlagen bereitstünden". Daraus wiederum könnten sich weitere Preiserhöhungen ergeben, kündigte BDEW- Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller an. Abgeschwächt werden könnten die Mehrbelastungen allerdings auf insgesamt 8 Milliarden jährlich beziehungsweise auf 60 Euro für den genannten Musterhaushalt - nämlich dann, wenn die Energiebranche Klimaschutz-Investitionen in Entwicklungsländern noch stärker als bisher auf ihre deutsche Klimabilanz anrechnen könnte.
Das Ressort von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies die Preiserhöhungs-Warnungen zurück. "Die Schamlosigkeit, mit der die Stromkonzerne in die Taschen der Verbraucher greifen, kennt offenbar keine Grenzen", sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren. "Als die Regierung ihnen die CO2-Zertifikate schenkte, haben sie deren Wert ohne Zögern auf den Strompreis aufgeschlagen und so leistungslose Gewinne in Milliardenhöhe eingestrichen. Jetzt, wo sie die Zertifikate ersteigern sollen, kündigen sie unverhohlen an, die Stromkunden zum zweiten Mal an dieselbe Kasse zu bitten." Bisher werden noch 90 Prozent der CO2-Papiere kostenfrei ausgegeben. Sie verkörpern das handelbare Recht auf einen bestimmten CO2-Ausstoß.
Auch die Verbands-Forderung, "einen gestuften Einstieg in die Auktionierung" zuzulassen, wurde vom Umweltministerium abgelehnt. "Die erste Stufe (der Vollversteigerung) kommt 2013 zu 100 Prozent", sagte ein Sprecher. "Die Position der Bundesregierung ist glasklar."
Die Bundesregierung hatte sich nach internem Streit erst in der vergangenen Woche auf eine einheitliche Position in den jetzt stattfindenden Verhandlungen mit der EU-Kommission verständigt. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte den Neubau moderner Kohlekraftwerke mit geringerem CO2-Ausstoß von der Versteigerung völlig freistellen wollen, um mit solchen Investitionen die Energie- Versorgung zu sichern. Er konnte sich damit aber bei Gabriel und wegen des Gegenwinds bei der EU-Kommission nicht durchsetzen.
Solche Ausnahmen soll es nun nur für die energieintensiven Branchen wie Stahl, Eisen und Aluminum geben, die aber erst noch in Brüssel verhandelt werden müssen. Die Bundeskanzlerin sagte dazu jetzt bei einer Wirtschaftsveranstaltung der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, sie werde keinem Pakt zustimmen, der nicht die Interessen der energieintensiven Industrie berücksichtige.