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Streit um Atomkraftwerk Fessenheim: Wann ist Schluss?

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Paris - Das älteste Atomkraftwerk Frankreichs steht direkt am Rhein und läuft seit 39 Jahren. Kritiker fordern seit langem die Abschaltung, doch es läuft und läuft. Die französische Atomaufsicht hält es für sicher. Und während Präsident François Hollande die Schließung versprochen hat, gibt es um den Termin ein Hin und Her. Das Thema ist längst ein Politikum - und ein Streitpunkt zwischen Deutschland und Frankreich.

Warum steht Fessenheim so sehr im Fokus?

Das in den 1970er Jahren gebaute Kraftwerk ist das älteste im französischen Atompark. Kritiker halten die beiden Reaktoren für ein Sicherheitsrisiko, vor allem aus Deutschland ertönt lautstark der Ruf nach einer Abschaltung - auch von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Die deutschen Grünen argumentieren, in Fessenheim gebe es so viele Zwischenfälle wie in keinem anderen Akw in Frankreich. Es liege im Erdbebengebiet, die Notstromversorgung sei unzuverlässig und der Umgang mit Störfällen unzureichend. Die französische Atomaufsicht ASN dagegen betont, dass es aus Sicherheitsaspekten keinen Grund gebe, das Kraftwerk stillzulegen.

Geht das Akw nun wirklich in diesem Jahr vom Netz?

Das ist offen, erscheint aber wenig wahrscheinlich. Zwar hat die französischen Wohnungsbauministerin Emmanuelle Cosse nun in einem Interview überraschend gesagt, der ursprünglich versprochene Termin bis Ende 2016 werde eingehalten. Doch die zuständige Umwelt- und Energieministerin Ségolène Royal sowie Staatschef Hollande hatten sich in den vergangenen Monaten ganz anders geäußert. "2016 nicht, weil der Bau des (Druckwasserreaktors der neuen Generation) EPR von Flamanville sich sehr verzögert hat", sagte der Präsident im September klipp und klar.

Es ist nicht das erste Mal, dass zu dem Thema aus Paris widersprüchlichen Angaben kommen. In Berlin ist deshalb schon kaum verhohlener Unmut zu hören, in den grenznahen Bundesländern sowieso. Auch jetzt ist eine Klarstellung bislang Fehlanzeige.

Hat Paris schon etwas in Richtung Schließung getan?

Frankreichs Präsident François Hollande hatte die Stilllegung 2012 in seinem Wahlprogramm versprochen. Die gesetzliche Grundlage dafür sollte das im vergangenen Jahr verabschiedete Energiewende-Gesetz schaffen. Doch darin wird das Kraftwerk nicht explizit genannt, es wird lediglich eine Obergrenze für die Gesamtmenge Atomstrom festgelegt. Daraus folgt: Wenn der neue Reaktor in Flamanville am Ärmelkanal ans Netz geht, müssen zwei Reaktoren abgeschaltet werden. Das dürfte aber frühestens 2018 der Fall sein.

Die Schließung soll aber bis zur Präsidentenwahl 2017 unumkehrbar sein, so hat es Royal angekündigt. Das Verfahren dazu solle in diesem Jahr eingeleitet werden. Der Linkspartei-Politiker Jean-Luc Mélenchon erklärt sich damit auch die unterschiedlichen Zeitangaben aus der Regierung: "Ségolène Royal spricht von dem Datum der effektiven Schließung und Cosse nennt das Datum der Unterschrift des Dekrets", vermutete er am Montag.

Bringen die deutschen Berichte über einen Störfall im Frühjahr 2014 neue Bewegung in die französische Debatte?

Bei dem Vorfall war Wasser in Schaltkästen eingedrungen, eines der zwei Steuersysteme für die Notabschaltung fiel aus, der Reaktor 1 wurde heruntergefahren. Die am Freitag von WDR und "Süddeutscher Zeitung" veröffentlichten Details wurden auch in Frankreich zur Kenntnis genommen, allerdings mit mehr Distanz. So argumentierte die Regionalzeitung "Dernières Nouvelles d'Alsace", dass Informationen über die Einleitung von Bor ins Kühlwasser sehr wohl auf der Webseite der ASN zugänglich waren. Das sei keine Notfallprozedur gewesen, verteidigte sich die ASN.

Der Fall sorgte dennoch auch in Frankreich für eine Debatte, vor allem die erneute deutsche Forderung nach Abschaltung. Die in dem Atomland traditionell nicht sonderlich starke Anti-Atom-Bewegung freute sich über die Unterstützung: "Die deutsche Umweltministerin hat Ségolène Royal die Augen geöffnet", sagte André Hatz von Stop Fessenheim dem Sender BFMTV.