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Streit um AKW Neckarwestheim entbrannt

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

Heilbronn - Um das Kernkraftwerk Neckarwestheim 1 bei Heilbronn gibt es Streit. Der baden-württembergischen Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wird von Greenpeace vorgeworfen, einen Nachrüstplan des Betreibers EnBW für das AKW mehrere Jahre lang geheim gehalten und nicht bewilligt zu haben. Ein Ministeriumssprecher bezeichnete die Vorwürfe als "vollkommen unsachlich". "Wieder einmal werden die Tatsachen verdreht und damit Ängste geschürt und die Menschen mit haltlosen Vorwürfen verunsichert", sagte er am Mittwoch in Stuttgart: Das Atomkraftwerk erfülle alle geltenden Sicherheitsstandards.

Die Umweltschutzorganisation hatte Gönner vorgeworfen, sie habe eine wichtige Nachrüstmaßnahme, die der Betreiber EnBW im Jahr 2007 beantragt habe, bis heute nicht bewilligt. Greenpeace veröffentlichte am Dienstag auf ihrer Homepage Unterlagen aus dem Jahr 2007, die das belegten. Auf die Existenz dieser Unterlagen hatte bereits die Deutsche Umwelthilfe im Januar hingewiesen.

Greenpeace sieht erhebliche Sicherheitsmängel

Der Energieversorger habe die in dem Antrag aufgelisteten Verbesserungen der Sicherheitstechnik als zwingend erforderlich und zur sofortigen Vollziehung eingestuft, erklärte Greenpeace. Das EnBW-Papier zeige, dass es seit Jahren erhebliche Sicherheitsmängel in Neckarwestheim gebe. Gönner müsse nun begründen, warum sie trotz der ihr bekannten Sicherheitsdefizite nicht umgehend gehandelt habe, sagte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. "Dass nicht einmal die gröbsten Risiken des Reaktors beseitigt wurden, ist höchst fahrlässig und gefährlich."

Der Sprecher des Umweltministeriums wies dies als falsch zurück. Greenpeace hätte schon in der Einleitung oder in der Begründung erkennen können, dass der Antrag ausschließlich auf eine weitere Erhöhung der Sicherheit abziele und die Anlage auch ohne die geplanten Verbesserungen sicher betrieben werden könne, betonte der Sprecher: "Greenpeace betreibt verantwortungslose Panikmache."

Ministerium: Antrag der EnBW wurde nie verheimlicht

Der Antrag der EnBW sei nie verheimlicht worden. Er sei Teil des seit Jahren in Baden-Württemberg verfolgten kontinuierlichen Verbesserungsprozesses der kerntechnischen Anlagen. Seit November 2007 habe er auch dem Bundesumweltministerium (BMU) vorgelegen. Wenn das BMU die beantragten Verbesserungen als zwingend erforderlich für den weiteren Betrieb angesehen hätte, hätte dies der Landesaufsicht mitgeteilt werden müssen. Dies sei jedoch nicht passiert.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Franz Untersteller, warf Gönner vor, zur Sicherheit des AKW Neckarwestheim nicht die Wahrheit zu sagen. Noch vor wenigen Wochen habe sie behauptet, dass Deutschlands zweitältester Reaktor in sicherheitstechnischer Hinsicht alle Standards erfülle. Der Antrag der EnBW belege jedoch das krasse Gegenteil. Der Konzern räume selbst ein dass das Atomkraftwerk in zentralen sicherheitsrelevanten Bereichen nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspreche. Er hätte sonst keine umfangreiche Liste mit Nachrüstmaßnahmen bei der baden-württembergischen Atomaufsichtsbehörde eingereicht.

Grüne fordern Gönner zum Handeln auf

Es sei völlig unverständlich, dass innerhalb der vergangenen drei Jahre keine Maßnahmen in Angriff genommen wurden, um die von der EnBW selbst in Gespräch gebrachten Defizite zu beseitigen, kritisierte Untersteller. Er erwarte von Gönner "in dieser Sache endlich entschlossenes Handeln". Im Fall einer Regierungsbeteiligung der Grünen werde man umgehend eine umfassende Schwachstellenanalyse im AKW durchführen.

Bereits im Januar hatte die Deutsche Umwelthilfe ähnliche Vorwürfe wie Greenpeace erhoben. Die EnBW habe 2007 umfangreiche Sicherheitsnachrüstungen beantragt, die bis heute nicht umgesetzt seien, kritisierte die Organisation. Die Grünen-Fraktion hatte daraufhin gefordert, den zweitältesten deutschen Reaktor vom Netz zu nehmen. Der Energiekonzern und das Umweltministerium hatten die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Das AKW Neckarwestheim I entspreche allen Sicherheitsanforderungen, hieß es.