Streit über Gabriels Entscheidung zu Biblis A - RWE droht mit Klage
Stand: 09.03.2007
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Berlin (dpa) - In der Bundesregierung eskaliert der Streit über längere Laufzeiten für ältere Atomkraftwerke. Entgegen der Rechtsauffassung von Kanzleramt und Wirtschaftsministerium will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den Antrag des Energiekonzerns RWE auf Laufzeit-Verlängerung für das alte Kernkraftwerk Biblis A ablehnen. Der RWE-Konzern drohte am Freitag mit einer Klage.
Damit sei - nach Wiederanfahren des vorübergehend stillgelegten südhessischen Kraftwerks in Biblis - eine Laufzeit nur noch bis ins Jahr 2009 hinein möglich, betonte Gabriel. RWE wollte mit seinem Antrag das alte Kraftwerk zunächst bis 2011 am Netz lassen. Eine endgültige Entscheidung will Gabriel erst nach einer Stellungnahme von RWE im nächsten Jahr fällen.
Steg erläuterte, gebe das Umweltministerium (BMU) einem Antrag statt, so brauche es ein Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Wirtschaftsministerium. Eine Ablehnung durch Gabriels Ressort muss dagegen nicht abgesegnet werden. "Die Entscheidung liegt beim BMU", sagte Steg. Er geht aber davon aus, dass nach einer Lösung auf Fachebene der Regierung, nicht aber im Koalitionsausschuss gesucht wird. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte dagegen in früheren Stellungnahmen auf ein Mitentscheidungsrecht gepocht. An Glos’ Haltung habe sich nichts geändert, sagte eine Sprecherin.
RWE nahm die Vorentscheidung Gabriels "mit großem Unverständnis" auf und erklärte: "Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Strommengen-Übertragung. (...) Für den Fall, dass das Ministerium auch nach Bewertung der Stellungnahme von RWE Power bei seinem ablehnenden Bescheid bleibt, wird das Unternehmen Rechtsmittel einlegen."
Gabriel erklärte: "Der RWE-Antrag widerspricht dem Atomgesetz." Dort sei ausdrücklich festgeschrieben, auf welche Atommeiler Reststrommengen des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich übertragen werden dürften. Biblis A in Hessen zähle nicht dazu. Da RWE - Deutschlands zweitgrößter Stromkonzern - das Atomgesetz unterschrieben habe, sei es erstaunlich, dass der Antrag überhaupt gestellt worden sei, sagte Gabriel. Das Unternehmen hat jetzt vier Wochen Zeit zur Stellungnahme. Eine endgültige Entscheidung wird nach Angaben Gabriels im November oder Dezember gefällt.
Förmlich noch nicht entschieden hat das Ministerium über einen RWE-Ersatzantrag, der eine alternative Strommengenübertragung vom Atomkraftwerk Emsland (Lingen) auf Biblis A vorsieht. Auch die Energiekonzerne Vattenfall und EnBW haben längere Laufzeiten für ältere Kernkraftwerke beantragt.