Steigende Strompreise und planlose Politiker
Stand: 19.06.2012
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Berlin - Die Strompreise steigen seit Jahren - nicht erst seit Beginn der Energiewende. Doch viele Experten sind sich einig, dass künftig ein noch stärkerer Preisanstieg zu erwarten ist. Die schwarz-gelbe Regierung scheint noch kein Mittel dagegen gefunden zu haben.
Matthias Höhn ist sich nicht ganz sicher. Ist der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier ein Spaßvogel? Für den Bundesgeschäftsführer der Linken ist es ein schlechter Witz, dass Altmaier den Bürgern rät, drei Prozent des Stroms einzusparen, wenn der Strompreis im Zuge der Energiewende um drei Prozent steigt. Altmaiers fragwürdige Rechnung zeigt, dass der Regierung bisher ein Patentrezept gegen den drohenden satten Strompreisanstieg fehlt. Denn egal an welcher Stellschraube sie dreht, es würde viel Geld kosten.
Altmaier will zunächst die Energieberatungsstellen stärken. Das kann sicher helfen, doch was ist zu tun, wenn der Strompreis um zehn Prozent steigt? Auf das Fußballspiel im Fernsehen verzichten? Schon jetzt seien zehntausende Hartz IV-Bezieher von Stromabschaltungen betroffen, kritisiert Höhn. Er fordert einen Sozialrabatt für einkommensschwache Bürger, damit sie nicht im Dunkeln sitzen müssen. Die Linke betont, Untersuchungen hätten ergeben, dass Menschen mit geringen Einkommen ohnehin am sparsamsten mit Strom umgehen.
Viele Ideen, wenig Konkretes
Stromrabatte lehnt der CDU-Politiker Altmaier aber ab. Bei Union und FDP gibt es bisher viele Ideen, aber wenig Konkretes für eine Strompreisbremse. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und die übrige FDP-Spitze machen Druck für eine Kappung bei der Förderung erneuerbarer Energien, die die Bürger über die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankerte Umlage bezahlen.
Altmaier ist gegen Schnellschüsse und will zunächst vor der Sommerpause einen Kompromiss bei der Kürzung der Solarförderung. Das Hin und Her könnte dazu führen, dass der Strompreis weiter getrieben wird, da der Solarzubau wegen der sich abzeichnenden geringeren Kürzung auf hohem Niveau weitergeht.
Ökostromförderung muss geändert werden
Klar ist, dass die Ökostromförderung umgebaut werden muss, da das Fördersystem Tücken hat und bereits jetzt mehr als 13 Milliarden Euro jährlich von den Verbrauchern zu zahlen sind. Die Regierung dringt auf eine schnellere Heranführung an den Wettbewerb statt unbegrenzter Subvention. FDP und Union verschweigen nach Meinung der Opposition aber, dass ein Preistreiber beim Strom auch die vielen Ausnahmen für stromintensive Betriebe sind. Diese profitieren aber zugleich von stark sinkenden Börsenstrompreisen durch mehr Solar- und Windstrom.
Durch weitgehende Kostenbefreiungen dieser Betriebe bei der Förderung erneuerbarer Energien und Netzentgelten müssen die Bürger und der Mittelstand mehr Lasten der Energiewende tragen. Altmaier will hieran nicht rütteln, um die Industriebetriebe wegen zu hoher Energiekosten nicht aus Deutschland zu vertreiben. Eine Greenpeace-Studie hält viele der Industrierabatte für überflüssig.
Entlastungen aus der Staatskasse?
So ist es ein schwieriger Spagat. Denn alles was diskutiert wird kostet viel Geld - von Strompreisrabatten für arme Bürger, über Staatszuschüsse zur Förderung erneuerbarer Energien bis zu einem Aussetzen der Stromsteuer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dürfte wegen der Unwägbarkeiten der Eurokrise die Staatskasse zur Dämpfung des Strompreises nur ungern öffnen.
Da die Netzentgelte und die Kosten der Ökostromförderung deutlich steigen könnten, droht den Bürgern bis 2013 eine Erhöhungswelle. Es zeichnet sich daher schon ein Stimmungsumschwung ab. Eine Mehrheit von 53 Prozent der Deutschen ist laut ARD-"Deutschlandtrend" dafür, dass die Regierung den bis 2022 geplanten Atomausstieg im Zweifel lieber verschiebt, damit die Strompreise nicht so stark steigen.
Mehr Ehrlichkeit und Transparenz
Der Unions-Umweltpolitiker Josef Göppel (CSU) fordert mehr Ehrlichkeit und Transparenz von der schwarz-gelben Koalition, damit die erneuerbaren Energien nicht einseitig zum Sündenbock gemacht werden. In einem Schreiben an alle Fraktionsmitglieder der Union betont er, dass der Haushaltsstrompreis im Jahr 2000 14 Cent je Kilowattstunde betragen habe und die darin enthaltene Ökostrom-Umlage 0,2 Cent. Aktuell gebe es ein Verhältnis von 26 Cent zu 3,6 Cent. Der Großteil der Erhöhungen sei also unbeeinflusst von der EEG-Umlage.
Für Göppel liegt die Ursache für den seit Jahren anhaltenden Preisanstieg für die Endkunden unter anderem in überhöhten Kapitalrenditen der Energieversorger, die bedient werden sollen. Diese würden ihre gesunkenen Einkaufspreise an der Strombörse nicht in ausreichendem Maße an die Kunden weitergeben, kritisiert Göppel.