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Stadtwerke wollen Steag kaufen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Essen - Auch wenn ihre Kassen nicht gerade gut gefüllt sind - die großen Ruhrgebietsstädte wollen trotzdem in Zukunft im internationalen Energiegeschäft mitmischen: Duisburg, Essen, Dortmund, Bochum, Oberhausen und Dinslaken bieten zusammen beim Verkauf des fünftgrößten deutschen Stromerzeugers Steag mit. Kommt dieses Geschäft zustande, entstünde Deutschlands größtes kommunales Versorgungsunternehmen.

Steag betreibt insgesamt elf Kraftwerke - überwiegend Steinkohleanlagen - in Deutschland und drei im Ausland. Noch-Eigentümer Evonik will zunächst 51 Prozent und wenige Jahre später auch die übrigen Anteile abgeben und konzentriert sich auf seinem Weg an die Börse auf das Kerngeschäft Chemie.

4800 Steag-Mitarbeiter erreichten im vergangenen Jahr knapp 2,6 Milliarden Euro Umsatz und kräftige Gewinne. Vor allem die Auslandskraftwerke in der Türkei, Kolumbien und auf den Philippinen verdienen dauerhaft gutes Geld - ein Grund, warum die finanziell klammen Ruhrkommunen zugreifen wollen.

Von einer "historischen Chance" schwärmte etwa der Duisburger Stadtwerke-Chef Hermann Janning Anfang dieser Woche in einer Ratssitzung. Die Idee der Stadtwerke: Ihre Stärke im Stromvertrieb mit deutlich mehr eigener Erzeugung zu kombinieren und dank der stabilen Erträge aus dem Auslandsgeschäft schrittweise die Kohle-Kraftwerke durch umweltfreundlichere Gaskraftwerke zu ersetzen. Das macht den Deal auch für die Mehrheit der NRW-Grünen akzeptabel, zumal im rot-grünen Koalitionsvertrag die Förderung des Wettbewerbs gegen das Oligopol von RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall festgeschrieben ist.

Doch es gibt auch warnende Stimmen. Die rund 1,2 Milliarden Euro Gesamtkaufpreis müssten komplett über Kredite finanziert werden, kritisierte etwa der FDP-Wirtschaftspolitiker Dietmar Brockes vergangene Woche im NRW-Landtag. "Geht das schief, ist das Geld der Bürger verzockt und die Kommunen stehen vor dem Ruin." Noch locken die niedrigen Zinsen, doch schon wenn - voraussichtlich in drei bis fünf Jahren - der planmäßige Kauf des zweiten Steag-Anteilspakets ansteht, könnte sich das geändert haben, sagen die Kritiker.

Eine Lösung könnte sich dabei durch den zweiten Bieter im Verkaufsprozess abzeichnen. Die tschechische Energieholding EPH habe für Steag ebenfalls ein "sehr ordentliches" Konzept vorgelegt, heißt es aus Firmenkreisen. Das Unternehmen, das bereits an der mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft Mibrag in Zeitz (Sachsen-Anhalt) beteiligt ist, sei beim Betriebsrat gut angekommen. Das ist bei einem Montan-mitbestimmten Unternehmen ein wichtiger Pluspunkt. Die Tschechen punkteten außerdem mit ihren hervorragenden Kontakten nach Osteuropa.

Deswegen findet der Gedanke immer mehr Anhänger, den Steag-Verkauf zu teilen: Die Ruhr-Stadtwerke könnten dank des landespolitischen Rückenwinds den Steag-Mehrheitsanteil übernehmen. Um das Finanzierungsrisiko zu begrenzen und zugleich die Chancen für weitere lukrative Auslandskraftwerke zu vergrößern, könnten sie dann die Kaufoption für das zweite Steag-Paket von 49 Prozent an EPH weiterverkaufen, so die Pläne.

Ruhrgebiets-Platzhirsch RWE kann die ganzen Vorgänge recht gelassen verfolgen. Steag liefert über noch jahrelang laufende Bezugsverträge einen Großteil seines Stroms an RWE - egal, wem der Kohleverstromer gehört. Hieran könnte sich erst mittelfristig etwas ändern. Und selbst wenn ein neuer Stadtwerke-Konzern auf die Dauer zum ernsthaften Konkurrenten würde, würde RWE über seine Beteiligungen doch daran mitverdienen. Denn 50 Prozent der Energieversorgung Oberhausen, 47 Prozent der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung, 20 Prozent der Duisburger und 29 Prozent der Essener Stadtwerke gehören RWE.