Spitzentreffen soll Nabucco-Projekt neuen Schwung geben
Stand: 26.01.2009
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Budapest/Brüssel/Moskau - Eine Woche nach dem vorläufigen Ende der russisch-ukrainischen Gasstreits soll ein Spitzentreffen in Budapest dem Pipeline-Projekt Nabucco neuen Schwung geben. Die jüngste Lieferkrise hat der seit Monaten geplanten Konferenz zusätzliche Bedeutung verschafft. Die Nabucco-Leitung soll Erdgas-Felder am Kaspischen Meer mit Westeuropa verbinden, ohne über russisches Staatsgebiet zu führen. Ihr Bau ist aber nach wie vor unsicher.
Die Nabucco-Pipeline könnte von Österreich über Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Türkei bis nach Aserbaidschan führen. Sie würde dabei auch durch Georgien verlaufen, das im Sommer 2008 in einen Krieg mit Russland verwickelt war. Die EU-Kommission unterstützt das Vorhaben. Es fehlt bisher jedoch an privaten Investoren zu seiner Finanzierung. Der russische Gazprom-Konzern treibt sein konkurrierendes Projekt South Stream durch das Schwarze Meer voran.
Angesichts der jüngsten Krise scheine das wiederholt für tot erklärte Nabucco-Projekt "mehr Interesse denn je" auf sich zu ziehen, schrieben die Fachleute Elena Gnedina und Michael Emerson von der Brüsseler Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) kürzlich in einer Analyse der europäisch-russischen Energiebeziehungen. In einer Anhörung im Europäischen Parlament äußerten Experten kürzlich allerdings auch Skepsis.
Die wichtigste Frage ist nach Ansicht von Fachleuten, woher das Gas für die Nabucco-Leitung kommen woll. Der Iran habe bisher kaum in die Erschließung seiner Gasfelder investiert. Turkmenistan zögere, sein Gas nach Europa zu verkaufen. Auch die Rolle der Türkei, die selbst viel Gas braucht, warf wiederholt Zweifel auf. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan versicherte der EU vergangene Woche, sein Land unterstütze den Bau der Pipeline.
"Wir würden dies niemals als Waffe benutzen", sagte Erdogan in Brüssel über Nabucco. Kurz zuvor hatte der türkische Regierungschef allerdings noch gedroht, die Türkei könne von dem Vorhaben abrücken, falls die EU bei den Beitrittsverhandlungen mit Ankara nicht bald auch über eine gemeinsame Energiepolitik spreche. "Wenn wir vor einer Blockade des Energiebereichs stünden, dann würden wir natürlich unsere Position überdenken", hatte Erdogan erklärt.
Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany will bei der Konferenz am Dienstag erreichen, dass die vom jüngsten russisch-ukrainischen Gasstreit geschädigten Länder gemeinsam Schadensersatz verlangen. Zudem solle die EU sich an der Finanzierung der Nabucco-Pipeline beteiligen, die Gas aus dem Kaukasus unter Umgehung Russlands nach Europa bringen soll, sagte Gyurcsany nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI am Montag. Besonders betroffen vom Lieferstopp waren die Slowakei, Bulgarien und Serbien.
Zu der Konferenz werden der EU-Ratspräsident und tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek erwartet, außerdem der bulgarische Regierungschef Sergej Stanischew und der aserbaidschanische Staatspräsident Ilcham Alijew, sowie Energiepolitiker aus Österreich, Deutschland, Rumänien, dem Iran, dem Irak und Ägypten. Angesagt haben sich auch Vertreter des multinationalen Nabucco-Konsortiums, an dem unter anderem die deutsche RWE beteiligt ist. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) sowie die Europäische Bank für Entwicklung und Wiederaufbau (EBRD) schicken Vertreter.