Spekulationen über Nazi-Atommüll in der Asse
Stand: 12.07.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Remlingen - Über die Möglichkeit, dass im Atommülllager Asse Abfälle aus der NS-Atombombenforschung liegen könnten, hat sich das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bisher nur zurückhaltend geäußert. Derzeit lägen dem Amt keine Erkenntnisse über Abfälle in der Asse aus Forschungen der Nationalsozialisten vor, so BfS-Sprecher Werner Nording am Dienstag in Salzgitter gegenüber der Nachrichtenagentur dapd. Basierend auf den vorliegenden Aufzeichnungen lasse sich nicht klären, ob eingelagertes Material bei der Entwicklung einer Atombombe angefallen sei.
Hintergrund der neuen Spekulationen ist ein wieder aufgetauchter Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom 29. Juli 1974. Das Blatt zitierte seinerzeit den damaligen stellvertretenden Asse-Betriebsleiter mit der Aussage, 1967 seien in dem Bergwerk "als erstes radioaktive Abfälle aus dem letzten Krieg versenkt" worden. Es habe sich dabei um Uranabfälle gehandelt, "die bei der Vorbereitung der deutschen Atombombe anfielen".
Diese Abfälle "mussten wir nämlich aus Betonbunkern in der Nähe von München herausholen, wo sie seinerzeit deponiert worden waren", berichtete der Asse-Mitarbeiter damals. Die Nationalsozialisten hatten in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs mit Hochdruck an der Entwicklung einer eigenen Atombombe gearbeitet. Das Vorhaben scheiterte unter anderem wegen fehlender Rohstoffe und der Emigration führender deutscher Kernphysiker ins Ausland.
Herkunft der Asse-Abfälle nicht dokumentiert
Die dem BfS vorliegenden Unterlagen schließen eine Einlagerung von Atommüll aus der NS-Zeit zumindest nicht aus. Aus der Dokumentation, die der bis Ende 2008 verantwortliche Asse-Betreiber "Helmholtz Zentrum München" dem BfS übergeben habe, gehe in der Regel nicht hervor, wo und warum eingelagerte Abfälle entstanden seien. "Fakt ist, dass in der Asse auch Uran eingelagert wurde", sagte BfS-Sprecher Nording weiter.
Auf den alten Zeitungsbericht über NS-Atommüll in der Asse war die ehemalige Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Marianne Fritzen, bei Archivarbeiten gestoßen. Fritzen leitete den Bericht an den Vorsitzenden der Grünen-Landtagsfraktion in Hannover, Stefan Wenzel weiter. Dieser wandte sich an die "Süddeutsche Zeitung", die dann über die Hinweise auf den NS-Atommüll schrieb.
Veröffentlichung der Asse-Unterlagen gefordert
Wenzel bekräftige auf dapd-Anfrage die Forderung nach Veröffentlichung aller Asse-Unterlagen. Dem Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags stünden weiter noch nicht alle angeforderten Dokumente zur Verfügung, sagte er. Das betreffe unter anderem Akten des Bundeskanzleramtes, des vormaligen Kernforschungszentrums Karlsruhe und der Euratom. "Ich gehe davon aus, dass sich in diesen Papieren noch etwas findet", sagte Wenzel.
Das ehemalige Salzbergwerk Asse gilt als einsturzgefährdet und droht voll Wasser zu laufen. Um die Anlage sicher zu schließen, will das BfS möglichst alle Abfälle aus dem Bergwerk herausholen. Noch in diesem Jahr wollen Experten eine erste Kammer mit Atommüll anbohren, um Informationen über den Zustand der eingelagerten Fässer zu erhalten. Von 1967 bis 1978 wurden in das Bergwerk rund 126.000 Fässer mit schwach und mittel radioaktivem Atommüll gebracht.