SPD und Grüne drohen mit Klage gegen längere Laufzeiten
Stand: 12.07.2010
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Berlin - SPD und Grüne ziehen juristischen Widerstand gegen eine mögliche von schwarz-gelb angedachte Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Betracht. Führende Politiker beider Parteien drohten am Wochenende erneut damit, notfalls vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen, sollte Schwarz-Gelb versuchen, eine Laufzeitverlängerung am Bundesrat vorbei durchzusetzen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) argumentierte, eine Zustimmung der Länderkammer sei nicht nötig.
Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte 2001 mit den deutschen Energiekonzernen den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie vereinbart. Die Gesamtlaufzeit der Kraftwerke wurde auf durchschnittlich 32 Jahre beschränkt. Die jetzige schwarz-gelbe Koalition will die Fristen jedoch verlängern.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: "Wir würden dagegen klagen und dem Gericht die eigenen Gutachten der Bundesregierung als Begründung vorlegen." Selbst Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und CDU-Ministerpräsidenten hätten vor einem "Verfassungsbruch durch Merkel und Westerwelle" gewarnt, die den Bundesrat aushebeln wollten. Die SPD werde nicht zulassen, dass die Bundesregierung einen "Kuhhandel mit der Atomwirtschaft" betreibe. Alte und störfallanfällige Atommeiler wie Biblis A weiterlaufen zu lassen, "nur um im Gegenzug von der Atomwirtschaft Geld durch eine Brennelementesteuer zu bekommen", sei ein "unverantwortlicher Deal".
Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) warnte die Bundesregierung davor, den Atomkonsens der damaligen rot-grünen Koalition wieder aufzuschnüren. Es gebe ein klares Ausstiegsszenario, das vertraglich mit den Energiekonzernen ausgehandelt worden sei. Die SPD-geführten Länder bestünden darauf, dass dies auch eingehalten werde. In dieser Frage herrsche "absolute Einigkeit". Sollte die Bundesregierung versuchen, eine Laufzeitverlängerung über die Köpfe der Länder hinweg zu erreichen, werde Rheinland-Pfalz das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kündigte ebenfalls juristischen Widerstand an. "Wer versucht, die Länder in dieser Frage auszutricksen, wird uns in Karlsruhe treffen", sagte sie.
Nach Ansicht von Kauder muss der Bundesrat der Laufzeitverlängerung allerdings gar nicht zustimmen. "Das ist meine feste Überzeugung", betonte er. In der Koalition herrscht Uneinigkeit über die Mitspracherechte der Länderkammer in der Frage. Auch Experten sind uneins. Kauder kündigte an, Union und FDP würden im September über die längeren Laufzeiten entscheiden, wenn das Konzept über die Energiezukunft Deutschlands insgesamt verabschiedet werde.
Ressortchef Röttgen plädierte erneut dafür, die Laufzeiten nur so lange auszuweiten, wie eben nötig. Ziel sei es, auf eine "bessere, sicherere Technologie" umzusteigen - die erneuerbaren Energien. "Dafür brauchen wir die Kernkraft als Brücke", stellte er klar, "aber eben nur, so lange wir sie benötigen, nicht so lange, wie es technisch möglich wäre."
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