SPD, Grüne und Linke üben scharfe Kritik an Atomplänen der Union
Stand: 05.08.2008
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Berlin (AFP) - Die Pläne für ein "Kernenergie-Nutzungsgesetz" von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) stoßen bei SPD, Grünen und Linken auf scharfe Kritik. Umweltminister Sigmar Gabriel wies am Dienstag in Berlin "Atom-Pläne aus dem Hause Glos" zurück und warnte vor einem Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. Eine von Glos eingesetzte Energie-Expertengruppe legte Presseberichten zufolge Eckpunkte für ein Gesetz vor, in denen längere Laufzeiten sowie die Rücknahme des Atomausstiegs und ein günstiger "Atomstrom-Tarif" empfohlen werden. Die Grünen kritisierten, Glos verbreite "die Mär vom billigen Atomstrom" und verwiesen auf die ungeklärte Endlagerfrage.
Gabriel sagte, wenn das Bundeswirtschaftsministerium "an Konzepten zum Wiedereinstieg bastelt, ist das nicht nur ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag". Der Vorgang zeige, "dass im Hause Glos reiner Atom-Lobbyismus betrieben wird". Der Koalitionsvertrag sei eindeutig, hob der SPD-Minister hervor: "Es bleibt beim Ausstieg aus der Hochrisiko-Technologie Atomkraft."
Die von Glos eingesetzte Expertengruppe legte laut "Tagesspiegel" vom Dienstag Eckpunkte für ein "Energiepolitisches Programm" (PEPP) vor, das als Grundlage für ein "Kernenergie-Nutzungsgesetz" dienen könnte. "Eine Abkehr vom Ausstieg aus der Kernenergie ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll und erforderlich", heißt es darin dem Bericht zufolge. Die Autoren empfehlen demnach, die Akw-Restlaufzeit um acht auf "mindestens 40 Jahre" auszuweiten. Zur Entlastung der Verbraucher bei den Energiepreisen empfehlen die Experten "Atomstrom-Tarife", mit denen billigerer Strom angeboten werden könne.
Gabriel erklärte hingegen, die Energiepolitik der Zukunft müsse auf die Steigerung der Energieeffizienz und auf erneuerbare Energien setzen. Er verwies darauf, dass die deutsche Volkswirtschaft vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitiere. In der Branche arbeiteten schon heute 250.000 Menschen, die Zahl werde weiter steigen. "Ein Wirtschaftsminister, der diesen Boom abwürgen will, hat den falschen Beruf", kritisierte Gabriel. Er verwies zudem darauf, dass es weltweit kein sicheres Endlager für Atommüll gebe.
Die stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin und Bärbel Höhn, kritisierten die Eckpunkte scharf. Es sei "ökonomisch unsinnig und ökologisch verantwortungslos", tausende Tonnen zusätzlichen hochradioaktiven Mülls zu produzieren, erklärten sie unter Hinweis auf die Probleme bei der Suche nach einem Atommüllendlager. Der vorgeschlagene Atomstrom-Tarif wäre zudem "ein verlogener Propagandatarif, weil er die gesellschaftlichen Kosten der Atomkraft unterschlägt". Atomkraft mache den Strom für die Verbraucher nicht spürbar billiger.
Der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Hans-Kurt Hill erklärte, Glos "führt den Koalitionspartner SPD in Sachen Kernenergie weiter am Nasenring durch die Manege". Was den Stromkunden als Preis dämpfende Maßnahme verkauft werde, sei "nichts anderes als Interessenpolitik für die Stromlobby".
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßte dagegen die Initiative für ein "Kernenergie-Nutzungsgesetz". Erstmals sei konzeptionell vom Bundeswirtschaftsministerium dargelegt worden, wie die Akw-Laufzeiten "im Interesse der Verbraucher und des Umweltschutzes verlängert werden können", erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katherina Reiche (CDU). Die SPD solle ihren Widerstand gegen eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Nutzung der Kernenergie aufgeben.