Solarindustrie atmet auf - keine drastischen Förderkürzungen
Stand: 20.01.2012
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Frankfurt/Berlin - Nach vielen Diskussionen scheint die Solarbranche in Deutschland eine Verschnaufspause zu erhalten. Die umstrittene Solarförderung wird wohl angepasst, doch die Kürzungen sind nicht stärker als ohnehin geplant.
Eine gefürchtete Deckelung der Förderung ist vorerst wohl vom Tisch - Details sind aber noch zu klären. Nach dem Gespräch des Bundesverbands Solarwirtschaft mit Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) atmet die Photovoltaikindustrie am Freitag daher durch. Der Minister steht zur jungen Technologie und zum Fördermodell mit auf 20 Jahre garantierten Vergütungen für jede Kilowattstunde Sonnenstrom. "Röttgen hat sich ganz klar zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bekannt und er hat sich gegen einen Deckel ausgesprochen", sagt Frank Asbeck, Chef von Solarworld.
Mit "Deckel" meint er das, was die Sonnenstrom-Industrie neben einer generellen Abkehr von EEG-Fördersystem am meisten fürchtet, Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und andere Vertreter aus den eigenen Reihen aber immer wieder ansprechen: Eine absolute Fördergrenze bei einer bestimmten Menge neu zugebauter Solarleistung pro Jahr. Bisher gibt es den "atmenden Deckel", bei dem sich die Förderkürzung daran orientiert, wie viel zuletzt zugebaut wurde. Man fürchtet, dass bei einem festen Deckel kaum noch Anlagen installiert werden, weil man sich der Förderung nicht mehr sicher sein kann.
Weit mehr Anlagen, als erwünscht
Im vergangenen Jahr waren es 7.500 Megawatt (MW) an neuen Anlagen, weit mehr als erwartet und gewünscht - die Politik hatte sich um die 3.000 MW vorgestellt. Die Kosten für die Ökostrom-Förderung tragen die Verbraucher in Form einer Umlage, für einen Durchschnittshaushalt sind es derzeit etwa 125 Euro pro Jahr bei der eigenen Stromrechnung. Der Solarrekord könnte die Umlage nun weiter steigen lassen.
Fast die Hälfte der Neuanmeldungen entfiel 2011 auf den Dezember, Röttgen spricht mit Blick auf die 15-prozentige Kürzung im Januar von einer unerfreulichen Jahresendrally. Der Zubau wird über die Umlage weitere Milliardensummen kosten - Schätzungen für die auf 20 Jahre garantierten Vergütungen gehen von mehr als 15 Milliarden Euro nur für den Solarzubau im vergangenen Jahr aus. Zugleich dämpft der Sonnenstrom aber auch den Börsenstrompreis gerade im Sommer. Ab April soll nun monatlich statt wie bisher zweimal jährlich die Förderung angepasst werden. "Wir begrüßen das, denn so fallen die Panikkäufe weg", heißt es etwa beim Erneuerbare-Energien-Unternehmen Juwi.
"Röttgen kuschelt mit der Solarbranche"
Kenner der Solarbranche sehen den Kompromiss Röttgens kritisch. Angesichts riesiger Überkapazitäten in China und damit stärker als die Förderung fallender Modulpreise werde der Ausbau so nicht gedrosselt. "Röttgen kuschelt mit der Solarbranche", sagt ein Energieexperte. Solarstrom werde auch in Zukunft nicht wirtschaftlich sein, da bei einer so hohen installierten Leistung gerade im Sommer massiv Strom in das Netz drücken wird, der dann entweder nicht gebraucht oder nur zu Schleuderpreisen zu verkaufen sein werde.
Röttgen könnte daher weiter Gegenwind bekommen. Zu hohe Energiekosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit, heißt es - auch wenn viele energieintensive Unternehmen Ausnahmeregeln genießen und der Strompreis in diesem Jahr weitaus stärker steigt als die Umlagekosten für die Förderung erneuerbarer Energien. Und die Fraktionsspitzen von Union und FDP fordern von Röttgen bis kommende Woche konkrete Vorschläge, wie er den Solarausbau deutlich drosseln will. Es ist fraglich, ob sie den Monats-Kürzungs-Plan für ausreichend halten.
Keine Einigkeit in der Branche
Auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten, die Förderkosten zu bremsen, ist es dann aber auch schon vorbei mit der Einigkeit innerhalb der Solarbranche. Was dem einen ins Geschäftsmodell passt, schadet dem anderen. So plädiert etwa Asbeck, mit seinem Unternehmen stark bei kleinen Dachanlagen, den Rotstift bei großen Solarparks anzusetzen. "Eine Größenbeschränkung für Freiflächenanlagen kann ich mir als sinnvolles Mittel gut vorstellen", sagt er. Der Ansturm im Dezember sei zu einem Großteil auf diese Großprojekte entfallen, bestückt mit China-Modulen, die zu Dumpingpreisen verkauft werden.
Bei Unternehmen wie Juwi dagegen spielt das Geschäft mit großen Solarparks eine wichtige Rolle. "Alle Segmente sind wichtig und sollten weiter gefördert werden", sagt ein Juwi-Sprecher. Er verweist auf die Fördersätze, die bei Solarparks mit derzeit 17,94 Cent je Kilowattstunde weit unter denen von Dachanlagen mit 24,43 Cent liegen. Schon im Sommer 2010 habe man vielen Kommunen vor dem Kopf gestoßen, als Ackerflächen aus der Förderung genommen wurden. Viele Gemeinden hätten vergeblich Zeit und Geld in die Planung gesteckt.