Seehofer stellt im Stromtrassen-Streit auf stur
Stand: 07.10.2014
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Berlin/München/Brüssel - Im Streit um neue Stromtrassen gibt sich CSU-Chef Horst Seehofer stur und will sich weder zeitlich noch inhaltlich unter Druck setzen lassen. Vor der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag im Kanzleramt kündigte der bayerische Ministerpräsident noch einmal einen drei- bis viermonatigen Dialog mit der Bevölkerung an. Dafür benötige er auch keine Erlaubnis aus Berlin. Endgültige Entscheidungen könnte es demnach frühestens 2015 geben.
Zugleich verlangte Seehofer einen neuen Nachweis, dass die umstrittenen Trassen nach Bayern wirklich nötig sind - und kündigte andernfalls sein Veto an. "Was hier im Lande geschieht, landesplanerisch, entscheidet immer noch der Freistaat Bayern", sagte er. Die SPD-Spitze warf Seehofer eine industriefeindliche Politik vor.
Seehofer fordert Beweise
Seehofer bekräftigte seinen Kurs, neue Stromtrassen nur dann zu akzeptieren, wenn sie ohne Zweifel notwendig seien. Bei den zwei umstrittenen Nord-Süd-Trassen sei ihm das noch nicht plausibel dargelegt worden. Er sei "nicht gegen alles", betonte er. "Ich habe aber bei beiden Stromtrassen gesagt, ich möchte bei beiden den Bedarf klären." Sollte ein Projekt dann tatsächlich und zweifelsfrei notwendig sein, dann werde er sich auch "mit voller Inbrunst" dafür einsetzen - und dies auch gegenüber der Bevölkerung so vertreten.
Die beiden geplanten Trassen - die Nord-Ost-Trasse und der sogenannte "SuedLink" - sollen vom kommenden Jahrzehnt an Windstrom vom Norden in den Süden des Landes leiten. Seehofer stellte aber klar, dass man im Fall der Fälle auch über den Trassenverlauf reden müsste, etwa eine durchaus mögliche, aber zigfach teurere Erdverkabelung.
Zwei Stromzonen sind "Quatsch"
Warnungen vor einer Teilung des deutschen Strommarkts in eine nördliche und eine südliche Preiszone und steigenden Energiepreisen in Bayern wies Seehofer als "Quatsch" zurück. "Die These von zwei Stromzonen, die können Sie vergessen", sagte der CSU-Politiker.
Der "Spiegel" hatte unter Berufung auf eine EU-Studie berichtet, im Süden Deutschlands drohten bei einem möglichen Verzicht auf neue Stromtrassen höhere Strompreise - weil die EU-Kommission dann womöglich zur Einrichtung einer nördlichen und einer südlichen Preiszone drängen würde. Dazu erklärte eine Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Montag, dass die Kommission zwar vor überlasteten Stromnetzen warnt - aber eine Aufteilung Deutschlands in zwei Preiszonen für Energie nicht empfiehlt.
Strom aus dem Norden kommt nur über Umwege nach Süden
Die EU-Kommission hatte in einer im Oktober 2013 veröffentlichten Studie die Auswirkungen umgeleiteter Stromflüsse untersuchen lassen. Zu solchen Umwegen im Stromfluss kommt es laut Behörde, weil inzwischen im Norden Deutschlands immer mehr erneuerbare Energie erzeugt wird, die aber wegen mangelnder Leitungen nicht direkt in den Süden gelangt. Sie fließt stattdessen über Tschechien und Polen. "Es gibt keinen Zweifel, dass die beste Lösung der Bau zusätzlicher Leitungen in Deutschland wäre", sagte Oettingers Sprecherin.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte: "Die Ideen von Herrn Seehofer sind mir noch sehr fremd." Sie wisse nicht, wie die Energiewende ohne große Trassen vom Norden in den Süden funktionieren solle und warum stattdessen Gaskraftwerke in Bayern von den Stromverbrauchern subventioniert werden sollten. Der Kurs Seehofers sei "in keinster Weise Grundlage der Regierung."
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