Sarkozy ordnet französische Atomindustrie neu
Stand: 28.07.2010
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Paris - Zur Bündelung der Kräfte im Export baut Frankreich seinen Atomsektor um: Der staatliche Atomkonzern Areva und der Stromgigant EDF werden künftig enger zusammenrücken. Dies teilte das Präsidialbüro von Staatschef Nicolas Sarkozy am Dienstagabend mit. Die beiden französischen Konzerne, die seit Monaten Streit miteinander hätten, müssten sich "unbedingt verstehen", forderte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde am Mittwoch in Paris.
Die beiden Konzerne sollten "eine strategische Partnerschaft" schließen, die "sämtliche Bereiche gemeinsamen Interesses" abdecke, erklärte das Präsidialbüro, nachdem monatelang über eine Neuordnung des Sektors spekuliert worden war. Im Rahmen dieser Partnerschaft könne auch Electricité de France (EDF) sich am Kapital von Areva beteiligen; erste Gespräche mit verschiedenen Investoren seien bereits in Gange. Bis Jahresende soll das Kapital des Atomkonzerns demnach um 15 Prozent erhöht werden.
Jedes Mal, wenn französische Atomkraftwerke ins Ausland verkauft würden und die Bedürfnisse der Kunden dies erforderten, sollten die beiden konkurrierenden Unternehmen sich gemeinsam "organisieren", hieß es in dem Grundsatzpapier, das der Elyséepalast im Internet veröffentlichte. Diese Organisation solle sich "auf die Kompetenz von EDF als Kraftwerksbetreiber und -bauer stützen".
Der Stromkonzern, der die 58 französischen Atomreaktoren betreibt, bekommt dadurch eine stärkere Rolle zugewiesen, wie sie Konzernchef Henri Proglio seit Monaten gefordert hatte. Areva erklärte am Mittwoch, es sei "kein Problem", dass EDF "das Team Frankreich" bei neuen Verträgen im Ausland anführen solle. Der Stromkonzern wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
Offener Streit zwischen EDF und Areva
Der Streit zwischen den konkurrierenden Unternehmen war im Januar offen ausgebrochen, als EDF dem Atomriesen vorwarf, die französischen Kernkraftwerke nicht mehr mit Brennstäben zu versorgen und den Atommüll nicht mehr zu entsorgen. Hintergrund der Auseinandersetzung war dabei unter anderem Uneinigkeit darüber, wieviel Geld Areva für die Verarbeitung des Atommülls in seiner Wiederaufbereitungsanlage im nordfranzösischen La Hague erhält. Der Streit ging so weit, dass Premierminister François Fillon die beiden Konzernchefs zum Gespräch einbestellte und dass Sarkozy ankündigte, wieder "Ordnung" in den Sektor bringen zu wollen.
Areva war unter Druck geraten, nachdem im Dezember ein 20 Milliarden Dollar schwerer Vertrag mit den Vereinigten Arabischen Emiraten geplatzt war. Der Atomkonzern steht außerdem in der Kritik, weil sein Vorzeigestück, der Europäische Druckwasserreaktor (EPR), jahrelange Verspätung hat. Der erste Reaktor der dritten Generation weltweit wird derzeit in Finnland gebaut. Er hätte schon Mitte vergangenen Jahres fertig sein sollen, wird aber frühestens Ende 2012 ans Netz gehen.