RWE und Gazprom gehen strategische Partnerschaft ein
Stand: 14.07.2011
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Essen - RWE und Gazprom planen eine Zusammenarbeit bei der Stromerzeugung aus Steinkohle und Gas in Mitteleuropa. Die Vorstandschefs Jürgen Großmann und Alexej Miller unterzeichneten am Donnerstag in Rom eine entsprechende Grundsatzerklärung, wie die RWE AG in Essen mitteilte.
Das sogenannte Memorandum of Understanding sehe Verhandlungen vor, wie bestehende oder neu zu errichtende Steinkohle- und Gaskraftwerke in Deutschland, Großbritannien und den Beneluxländern in ein gemeinsames Unternehmen eingebracht werden können.
RWE ist seit dem Beschluss der Politik zum vorgezogenen Atomausstieg in Deutschland gezwungen, den Konzern umzubauen. Miller sagte laut Mitteilung: "Angesichts der jüngsten Entscheidung der Deutschen Regierung zum Ausstieg aus der Kernenergie sehen wir gute Chancen für den Bau neuer moderner Gaskraftwerke in Deutschland." Das Memorandum erteile RWE das Recht, drei Monaten lang exklusiv mit Gazprom über die Umsetzung von Energieprojekten in Deutschland, Großbritannien und den Beneluxländern zu verhandeln.
"Wenn dieses Memorandum of Understanding umgesetzt wird, kann es eine sichere und wettbewerbsfähige Gasversorgung für RWE garantieren", sagte Großmann. Außerdem könne es die Basis für Partnerschaften bei Kohle-und Gaskraftwerken in und außerhalb Deutschlands werden.
Gazprom möchte aktive Rolle in Europa spielen
RWE hat damit vorläufig die Nase vorn im Ringen um die Gunst des weltweit größten Gasproduzenten. Gazprom-Chef Miller hatte in den vergangenen Wochen mit den Chefs fast aller großen europäischen Energiekonzerne verhandelt, darunter auch mit den Chefs von E.ON, Johannes Teyssen, und des französischen Energieriesen GDF Suez, Gerard Mestrallet.
Der Hintergrund: Gazprom will sich nicht länger auf die Rolle des Gaslieferanten beschränken, sondern sucht nach Möglichkeiten weitere Schritte der Wertschöpfungskette zu besetzen - etwa durch eigene Kraftwerke in Westeuropa. Miller sagte am Donnerstag: "Angesichts der jüngsten Entscheidung der Deutschen Regierung zum Ausstieg aus der Kernenergie sehen wir gute Chancen für den Bau neuer, moderner Gaskraftwerke in Deutschland."
Bedenken beim Kartellamt
Zur Durchsetzung seines Wunsches hat Gazprom ein wirksames Druckmittel in der Hand. Denn die beiden größten deutschen Energieversorger E.ON und RWE stöhnen zurzeit unter den hohen Preisen, die in den langfristigen Gaslieferverträgen mit Russland vereinbart sind. Bislang verweigern die Russen hier Zugeständnisse.
Erklärtes Ziel von RWE ist es, die Verhandlungen über eine Zusammenarbeit beim Kraftwerkspark und die Gespräche über russische Preiszugeständnisse beim Erdgas zusammenzuführen, um so doch noch zu einer Lösung zu kommen.
Doch auch aus einem anderen Grund könnte die Zusammenarbeit mit Gazprom für RWE attraktiv sein. Denn angesichts der aktuellen Gas- und Strompreise rechnen sich für den deutschen Stromriesen nach eigenen Angaben Kraftwerksneubauten trotz der drohenden Stromengpässe zurzeit nicht. Das würde sich schlagartig ändern, wenn Gazprom die Gemeinschaftskraftwerke zu Sonderkonditionen beliefern würde.
Beim Bundeskartellamt stieß die Ankündigung allerdings auf Bedenken. Kartellamtspräsident Andreas Mundt erklärte auf Anfrage: "Eine Verbindung zwischen Gazprom und RWE müsste man sich unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten sehr genau ansehen." Wenn ein großer Produzent wie Gazprom mit einem großen Händler wie RWE zusammengehe, sei dies nicht unproblematisch für den Wettbewerb, hieß es bei der Wettbewerbsbehörde - zumal Gazprom in Deutschland bereits zusammen mit BASF den Gasversorger Wingas betreibe.