RWE-Mitarbeiter stellen sich auf harte Zeiten ein
Stand: 27.06.2012
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Essen/Düsseldorf - Der Ausstieg aus der Atomenergie bedeutet für RWE eine große Umstellung. Der künftige Chef Peter Terium will die Zukunft des Energiekonzerns mit einem harten Sparprogramm sichern. Auch Mitarbeiter könnten entlassen werden.
Der neue RWE-Chef Peter Terium bereitet die Mitarbeiter des Essener Energiekonzerns auf einen harten Sparkurs vor. "Durch den Kernenergieausstieg kommt weniger Geld in die Kasse, außerdem belasten uns ungünstige Gasverträge und die Brennelementesteuer", sagte Terium den Zeitungen der Essener "WAZ"-Gruppe (Mittwoch). RWE müsse zudem Schulden tilgen, weil der Konzern in den vergangenen Jahren Milliarden in neue Kraftwerke investiert habe. "Deshalb müssen wir sparen und effizienter werden." Terium übernimmt an diesem Sonntag von Jürgen Großmann den Vorstandsvorsitz beim Essener Energieriesen.
Beim Umbau des Konzerns könnten auch Teile der Verwaltung ins Ausland verlegt werden. "Andere große Konzerne haben Bereiche wie die Lohnbuchhaltung und Rechnungswesen längst nach Osteuropa verlagert", sagte Terium. Der Manager schloss betriebsbedingte Kündigungen beim geplanten Personalabbau nicht aus. "Grundsätzlich kann ich leider überhaupt nichts ausschließen", sagte er. Auf Dauer werde RWE "mit weniger Mitarbeitern auskommen müssen".
Weniger Arbeitsplätze, mehr Solargeschäft
Der "Rheinischen Post" (Mittwoch) sagte Terium, dass allein durch den Ausstieg aus der Kernkraft fast 3000 Arbeitsplätze entfielen. Ein weiteres Problem sei das Tarifgefüge im Konzern. "Dadurch sind wir in einigen Bereichen teurer, als wir es uns heute noch leisten können." RWE schaue sich gerade verschiedene Projekte zur Effizienzsteigerung an. "Mitarbeiter müssen geografisch und funktional flexibler werden", forderte Terium. "Wer seinen Arbeitsplatz in Biblis verliert, könnte doch zum Beispiel in Niederaußem anfangen." Bei der Vorlage der Halbjahres-Bilanz am 14. August will Terium nach Angaben der Zeitung Details nennen.
Das Solargeschäft möchte RWE in Deutschland deutlich hochfahren. RWE-Solarpanels sollen in wenigen Monaten massenhaft auf den Flachdächern von Möbelhäusern, Lebensmittelhändlern oder Speditionen montiert sein. "Wir sind mit mehreren Filialketten in Gesprächen, um auf den Dächern von Filialen oder Lagerhallen Solarzellen zu montieren", sagte Hanns-Ferdinand Müller, Vorstandssprecher der deutschen RWE-Vertriebstochter der "Financial Times Deutschland". "Bis zum Jahresende wollen wir 1.000 Megawatt zusammenbekommen." Das würde etwa der Leistung eines großen Kohlekraftwerksblocks entsprechen. "Verträge über 200 Megawatt Leistung haben wir bereits unterschrieben", sagte Müller.
Minikraftwerke statt Großprojekte
Erst vor Wochen war RWE auf Solarstrom umgeschwenkt. Müller macht nun erstmals deutlich, auf welches Geschäftsmodell der Konzern künftig setzt. Wie bei Gas-, Kohle- und Atomkraftwerken bevorzugt der Konzern auch bei erneuerbaren Energien, für die hauptsächlich die Tochter Innogy verantwortlich ist, normalerweise Großprojekte wie Offshore-Windparks. Das kleinteilige Geschäft zu bündeln sei gewöhnungsbedürftig, gestand Müller ein. Jetzt aber baue RWE ein Geschäftsmodell auf, "das das margenschwächere Großgeschäft ergänzt".
Für die nächsten drei Jahre verfüge RWE Vertrieb über ein Budget von 170 Millionen Euro für Minikraftwerke. Die Summe umfasse auch kleine Wind- oder Blockheizanlagen.
Von einem deutlichen Einbruch der Kundenbasis vor zwei Jahren habe sich RWE inzwischen erholt, sagte der Manager. "Bei den Kundenzahlen haben wir das Tal der Tränen durchschritten." Die Zahl der direkt von RWE versorgten Haushalte sei seit 2011 um 150.000 auf knapp vier Millionen gewachsen.